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Abgeordnete besuchten am Mittwoch das ICC, das Schillertheater, das für den Einzug der Staatsoper umgebaut wird, und den Steglitzer Kreisel.

© Kitty Kleist-Heinrich

Messe GmbH: ICC rostet – vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren leuchtete den Haushältern des Abgeordnetenhauses ein, dass eine Grundsanierung des ICC notwendig würde. Aber mit der Frage, ob es dafür geschlossen werden müsste, waren auch sie überfordert. Und dann waren da auch noch die Kosten. Was Ulrich Zawatka-Gerlach damals schrieb.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Chefs der Messe GmbH wollten am Mittwoch auch die Haushaltsexperten des Parlaments überzeugen, dass eine Sanierung des Internationalen Congress Centrum (ICC) bei laufendem Betrieb nicht möglich sei. Eine Stunde quälten sich die Abgeordneten an Wasser- und Heizungsrohren vorbei, sie begutachteten Sprinkleranlage sowie Belüftung und kletterten dann unters Dach, wo künstliche Mineralfasern die Stahlträger schützen, damit sie nicht rosten.

Inzwischen bröselt die Dämmung, die seit den neunziger Jahren als gesundheitsschädlich gilt. Das viele Kilometer lange Rohrsystem ist löcherig geworden, der Rost frisst sich durch. Von der Frischluft, die mit hohem Energieaufwand durch den Baukörper des ICC gepresst wird, geht die Hälfte unterwegs verloren. Die in 200-Meter-Schränken untergebrachten Platinen der Gebäudeleittechnik gehören ins Museum, und für die Aufzüge im Kongressgebäude (Baujahr 1978) gibt es keine Ersatzteile mehr. Für Dieter Pasierbsky, zuständig fürs Gebäudemanagement der Messegesellschaft, ist klar: Alles muss raus und durch moderne, energiesparende Anlagen ersetzt werden.

Den Haushältern des Abgeordnetenhauses leuchtet das ein, aber mit der Frage, ob das ICC für die Grundsanierung geschlossen werden muss, waren sie auch nach dem Rundgang überfordert. Vor allem der Brandschutz und die Belüftung seien geschlossene Systeme, die sich nicht abschnittsweise ausbauen und erneuern ließen, argumentierte der Architekt Pasierbsky. Vertreter des TÜV, die an der Besichtigung teilnahmen, sahen das genauso. Aber es müsse doch möglich sein, hielt der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser dagegen, die alte Technik laufen zu lassen, bis die neuen Systeme Zug und Zug eingebaut seien. Die Frage ist nur, was das kosten würde.

Baustellen West (1).
Baustellen West (1).

© Mike Wolff

40 Millionen Euro teurer als ursprünglich geplant

Die Finanzierung der – 2008 vom Senat beschlossenen – ICC-Sanierung ist ohnehin das größte Problem. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) berichtete den Mitgliedern des Hauptausschusses, dass ihre Behörde das Bedarfsprogramm für den Umbau des Gebäudes inzwischen an die landeseigene Messe GmbH übergeben habe. Der ursprüngliche Kostenansatz von 182 Millionen Euro erhöhe sich um mindestens 40 Millionen Euro wegen der notwendigen Schadstoffsanierung „im gesamten ICC einschließlich des Brückenbauwerks“. Eigentlich müsse das Bedarfsprogramm jetzt von der Wirtschaftsverwaltung des Senats geprüft werden. „Aber dazu ist es nicht gekommen, weil die geplante Sanierung bei laufendem Betrieb neu diskutiert wird“, sagte Junge-Reyer.

Die Senatorin hält es durchaus für „technisch möglich“, während der Bauarbeiten die Kongresse im ICC zu lassen. „Aber die Messe sieht das nicht mehr so“, fügte sie hinzu. Abgeordnete der SPD und der Grünen misstrauen aber dem Messe-Geschäftsführer Raimund Hosch, der das ICC während der Sanierung schließen und die Kongresse in eine Messehalle auslagern will, die für 120 Millionen Euro am Standort der Deutschlandhalle gebaut werden soll. Dieser Neubau könne am Ende das ICC ersetzen, befürchten die Politiker. Was wird dann aus dem leeren „Raumschiff“ am Messedamm? „Da bringen wir einen Baumarkt unter“, kursierte auch gestern wieder der Scherz eines früheren Staatssekretärs.

Baustellen West (2).
Baustellen West (2).

© Mike Wolff

Auch das Olympiagelände ist haushaltspolitisch gesehen ein Problemfall

Ungläubig nahmen die Haushälter zur Kenntnis, dass die Messe im letzten Jahrzehnt etwa 100 Millionen Euro in Reparaturen und Wartung des Kongresszentrums gesteckt hat. Davon sehe man nicht viel, hieß es fraktionsübergreifend. Auch die Architekten des ICC, Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte, warfen der Messe in einem Brief an den Hauptausschuss vor, das Gebäude samt Technik „nicht ständig so gewartet und erneuert zu haben, wie es für ein solches Haus selbstverständlich gewesen wäre“. Offenbar solle das ICC „allmählich verrotten und abrissreif aussehen“. Im Übrigen sei der Bau für eine Sanierung bei laufendem Betrieb „geradezu prädestiniert“. Die Behauptung der Messe, dass Umluftleitungen und Sprinkleranlage nicht abschnittsweise erneuerbar seien, müsse auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden.

Nach der ICC-Besichtigung fuhr der Hauptausschuss im billigen Reisebus zum Olympiagelände. Haushaltspolitisch gesehen ist das auch ein Problemfall. Der Ausbau von Sportmuseum und Turnhallen, die Umsiedlung der Poelchau-Oberschule als Eliteschule des Sports, die Modernisierung des Reiterstadions, der Treppenanlage in der Waldbühne, des Kuppelsaals und des Schwimmstadions sind ein millionenschweres Langfristprojekt. Anschließend schauten sich die Haushälter noch die Baustelle Schillertheater, die Ruine des Steglitzer Kreisels und den grundsanierten Bürobau in der Otto-Braun-Straße an.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

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