zum Hauptinhalt
Auf der Erfolgswelle.

© dapd

Nach Volksentscheid: Opposition sieht Senat als Wasser-Preistreiber

Nach dem Volksentscheid zur Offenlegung der Wasserverträge machen CDU und FDP Wirtschaftssenator Wolf mitverantwortlich für die hohen Wasserpreise. Am Dienstag befasst sich der Senat mit dem Thema.

Nach dem erfolgreichen Volksentscheid des Berliner Wassertisches fordert die Opposition politische Konsequenzen. Die FDP will das Thema außerdem auf die Agenda des Abgeordnetenhauses am kommenden Donnerstag setzen. Der Senat diskutiert schon am heutigen Dienstag die Folgen des Entscheids, nach dem alle Unterlagen über die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe offengelegt werden müssen. Darunter auch das Problem, dass damit nun ein Gesetz in Kraft tritt, das der Senat vor der Abstimmung als „verfassungswidrig“ abgelehnt hatte. Dabei geht es um die so genannte Unwirksamkeitsklausel. Bisher unveröffentlichte Bestandteile der Kaufverträge müssen danach rückwirkend für ungültig erklärt werden .

„Bigott“ nennt der Fraktions- und Landesvorsitzende der CDU, Frank Henkel, die Haltung des Senats: Dieser habe sich bisher „als eigentlicher Preistreiber beim Wasser betätigt.“ Wowereit sei nun „völlig unglaubwürdig“, wenn er den Volksentscheid als „Rückendeckung“ für die eigene Politik verkaufen wolle. FDP-Fraktionschef Christoph Meyer spricht von einer „offensichtlichen Interessenverschränkung“ von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Dieser sei einerseits „für die Gebührengenehmigung“ der Wasserbetriebe zuständig, die er aber andererseits als Aufsichtsrat der Wasserbetriebe mit beschließe.

Dagegen ist der Senat um Schadensbegrenzung bemüht. Vor dem Entscheid hatte Innensenator Ehrhart Körting das „verfassungswidrige“ Gesetz noch kritisiert und eine Klage angekündigt. Gestern sagte er: „Ich neige nicht dazu, das Verfassungsgericht nicht damit zu befassen, weil ich das Gesetz für überflüssig halte.“

Wie aber bewerten Verfassungsexperten die so genannte Unwirksamkeitsklausel in Paragraf 4 des Gesetzestextes? Verträge können durchaus im Nachhinein wieder aufgehoben werden, sagen sie übereinstimmend, sogar wenn einem der Vertragspartner dabei Schäden entstehen. „Man kann jeden Vertrag aufheben“, sagt etwa Verwaltungsrechtler Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität. Die Frage sei nur, wer die entstandenen Verluste trage. Auf den vorliegenden Fall bezogen, würden diese wohl bei den privaten Anteilseigner an den Wasserbetrieben anfallen, den Energieversorgern RWE und Veolia.

Ob den Versorgern Schadensersatz zusteht, müssten allerdings Gerichte entscheiden. Verliert das Land Berlin einen solchen Prozess, dann sei mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen. Ob die Unternehmen Anspruch auf Schadenersatz hätten, wollte Battis nicht beurteilen. Um dieser Gefahr vorzubeugen, könne das Land auch versuchen, den riskanten Teil des Volksentscheides, also die Unwirksamkeitsklausel, mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht zu Fall zu bringen. Mit der Begründung, die Klausel berge hohe finanzielle Risiken und richte sich damit gegen den Berliner Haushalt. Das aber ist laut Verfassung verboten. Die Chancen auf einen Erfolg seien aber gering.

Für den Berliner Verfassungsrechtler Christian Pestalozza ist die Unwirksamkeitsklausel aus einem anderen Grunde bedenklich. Die Formulierung sei problematisch, weil aus ihr nicht ersichtlich sei, worauf sich die beiden Sätze im Detail beziehen und was der Passus genau erfasse. „Diese Unbestimmtheit führt zu verfassungsrechtlichen Bedenken“, so Pestalozza. Wegen dieser Unklarheit könnte das Verfassungsgericht zu dem Schluss kommen, dass die rückwirkende Aufhebung von Verträgen nicht möglich sei und dass der entsprechende Paragraf zumindest präzisiert werden müsse.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false