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Neuer S-Bahn-Vertrag: Hohe Strafen für Unpünktlichkeit und Schmutz

Berlin und Brandenburg dürfen künftig die Beiträge für die S-Bahn um bis zu 16 Prozent kürzen, wenn nicht die vertragsmäßige Anzahl der Züge fährt. Ein entsprechender Änderungsvertrag wurde am Montag unterzeichnet.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner S-Bahn soll endlich pünktlicher und sauberer werden. Verspätungen und Zugausfälle, verschmutzte und bemalte Züge werden finanziell bestraft, und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2010. Eine entsprechende Änderung des Verkehrsvertrags zwischen dem Senat und dem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn wurde am Montag unterschrieben. Auf die Kernpunkte des korrigierten Vertrags hatten sich Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Bahnvorstand Ulrich Homburg schon Ende Juni geeinigt.

Demnach verpflichtet sich die S-Bahn, während der morgendlichen Hauptverkehrszeit mindestens 562 Viertelzüge einzusetzen. Sobald der Großflughafen BBI in Schönefeld eröffnet ist, müssen es 575 Fahrzeuge sein. Die bisherige Regelung, dass mindestens 96 Prozent aller Züge monatlich pünktlich fahren müssen, bleibt bestehen. Als Verspätung gilt, wenn ein Zug mehr als drei Minuten vom Fahrplan abweicht oder gar nicht kommt. Wenn die S-Bahn nicht in der Lage sein sollte, diese Vorgaben zu erfüllen, darf das Land Berlin seine Zahlungen an das Verkehrsunternehmen kürzen.

Dasselbe gilt für mangelnde Sauberkeit und andere Qualitätsmängel. Die Züge müssen innerhalb bestimmter Reinigungsfristen gesäubert und auch von Graffiti befreit werden. Die zwei Mal jährlichen Fahrgastbefragungen nach Sicherheit, Sauberkeit und Pünktlichkeit werden fortgesetzt. Eine Durchschnittsnote von über 2,6 führt zu Strafgeldern.

Insgesamt darf das Land Berlin jedes Jahr bis zu 16 Prozent der Gelder, die für vertraglich vereinbarte Verkehrsleistungen zu zahlen sind, wegen „Schlechtleistungen“ abziehen. Das sind 42,4 Millionen Euro. Bisher lag die Obergrenze bei fünf Prozent, also 13,2 Millionen Euro. Diese Kürzungen seien kein Selbstzweck, sagte Junge-Reyer am Montag. Ziel der Vertragsveränderung sei es, das ursprünglich vereinbarte Leistungsniveau der S-Bahn möglichst schnell wieder zu erreichen. Dafür zahle Berlin dann auch gern den vollen Preis. Es gehe darum, „das Vertrauen der Kunden in die S-Bahn und damit in den öffentlichen Personennahverkehr wiederherzustellen“.

Die Bahn AG wäre juristisch nicht verpflichtet gewesen, den bis 2017 geltenden Verkehrsvertrag zu korrigieren. Aber auf dem Höhepunkt der S-Bahnkrise 2009 beugte sich die Unternehmensführung dem Druck der öffentlichen Kritik. Trotzdem waren die Verhandlungen ein zähes Ringen – und noch immer stehen so viele Fahrzeuge in den Werkstätten, dass die S-Bahn nur drei Viertel der Verkehrsleistungen erbringen kann, zu denen sie vertraglich verpflichtet ist. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) rechnet für den Winter wieder mit massiven Transportproblemen. Die von der S-Bahn versprochene Rückkehr zum Normalbetrieb ab Dezember 2010 wird es wohl nicht geben.

Die Regierungspartei SPD wird sich auf einem Landesparteitag im November auch mit der Zukunft der S-Bahn befassen. Momentan sieht es so aus, als wenn sich die Sozialdemokraten für die Direktvergabe eines Teilnetzes der S-Bahn an ein städtisches Unternehmen aussprechen werden. Dafür käme in erster Linie die landeseigene BVG in Frage. Die Bereitschaft der Bahn AG, die S-Bahn an das Land Berlin zu verkaufen, wird in einem Strategiepapier für den Parteitag skeptisch beurteilt. Von einer Ausschreibung eines Teilnetzes ab 2017, die der Senat favorisiert, hält die SPD wenig.

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