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Polizeieinsatz: Koalitionsstreit um die Gewaltfrage

Das Parlament hat über den Polizeieinsatz in Tempelhof und Brandanschläge debattiert. Der Innensenator verteidigt seine Strategie, die Linke hält sie für überzogen.

Nach der vereitelten Besetzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof am vergangenen Wochenende wird verstärkt Kritik am Verhalten der Polizei laut. Nicht nur das Protest-Bündnis „Squat Tempelhof“ verurteilte das Vorgehen der Polizei als „völlig inakzeptabel“, auch die Linkspartei sieht den Einsatz am Flughafen „mit Sorge um die bislang so erfolgreiche Deeskalationsstrategie“, wie die Abgeordneten Marion Seelig und Udo Wolf am Donnerstag mitteilten.

Bei einer von scharfen Wortwechseln zwischen Regierung und Opposition geprägten Debatte im Abgeordnetenhaus äußerte Linken-Politiker Wolf die Vermutung, „dass auch in der Polizei die Springer-CDU-Kampagne Wirkung gezeigt hat“. Damit meinte er die seiner Ansicht nach überzogene Darstellung linksautonomer Gewalt durch die Opposition und Medien des Springer-Konzerns.

Das martialische Auftreten in voller Kampfmontur sowie das Auffahren von Wasserwerfern und Räumpanzern hätten eine „aggressive Grundstimmung“ geschaffen, kritisierten Seelig und Wolf. Zudem prangerten sie „unverhältnismäßige Gewalt“ gegen Demonstrationsteilnehmer und „unzählige“ Festnahmen von Personen an, die sich keiner Straftat schuldig gemacht hätten. Das Verhalten des Zivilbeamten, der bei einer Festnahme die Dienstwaffe zog, verurteilen sie als „extrem überzogen und gefährlich“. Seelig und Wolf fordern die „umfassende Aufklärung der Vorfälle“.

Mit dieser Einschätzung stellt sich die Linke auch gegen ihren Koalitionspartner SPD, wie bei der Debatte im Abgeordnetenhaus deutlich wurde. Nach Ansicht des SPD-Innenpolitikers Fritz Felgentreu hat die Polizei bei den Auseinandersetzungen rund um den Flughafen „entschlossen und mit Augenmaß reagiert“.

Die Grünen wiederum neigen eher der Sicht der Linken zu. Deren innenpolitischer Sprecher, Benedikt Lux, spricht von einem übertrieben harten Vorgehen der Polizei auch gegen friedliche Demonstrationsteilnehmer. „Die Polizei steht zur Zeit unter Erfolgsdruck, das wirkt sich negativ auf die Deeskalationsstrategie aus.“

Dagegen verteidigte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) den Einsatz am Tempelhofer Flugfeld. Zugleich nahm er die Polizei gegen Kritik vor allem der CDU in Schutz, zu wenig gegen Anschläge aus dem linksautonomen Spektrum zu unternehmen. Die Sicherheitsbehörden und der Senat gingen mit allen verfügbaren Mitteln gegen linksautonome Gewalt vor. Körting wies die Unterstellung zurück, der Senat bewerte links- und rechtsextrem begründete Anschläge unterschiedlich. Es sei „gleichermaßen moralisch verkommen und kriminell“, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe zusammengeschlagen werden oder wenn Täter Autos anzünden und damit ebenfalls andere Menschen gefährdeten.

Zuvor hatte Redner aller Parteien die Anschlagsserie verurteilt, bei der in den vergangenen Wochen Autos angezündet und Geschäftshäuser mit Farbbeuteln beworfen. Alle Redner schlossen sich Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) an, der zu Beginn den Brandanschlag auf Autos vor dem Haus des CDU-Politikers Robbin Juhnke verurteilt hatte. Florian Ernst/Lars von Törne

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