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© dpa

Position: Auch Berlin braucht Schuldenhilfe

Schleswig-Holstein, Bremen und Saarland dürfen nicht bevorzugt behandelt werden. Auch Berlin braucht Unterstützung vom Bund. Ein Gastbeitrag von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD).

Bremen, das Saarland und Schleswig-Holstein reklamieren für sich eine Haushaltsnotlage: Bis 2019 seien sie nicht in der Lage, ihre Haushalte auszugleichen und bräuchten Unterstützung vom Bund. Die Föderalismuskommission hat deshalb beschlossen, die Haushalte dieser Länder genauer zu analysieren – in einer Arbeitsgruppe der Länder und des Bundesfinanzministeriums. Gestern gab es in der Kommission einen Zwischenbericht, Mitte April soll das Ergebnis vorliegen. Die zentrale Frage ist: Sind diese Länder wirklich in einer so hoffnungslosen Situation? Wir haben nachgerechnet und kommen eindeutig zum Ergebnis: Sie sind es nicht!

In punkto Schulden steht Bremen mit mehr als 21 000 Euro je Einwohner zwar an der Spitze. An zweiter Stelle folgt aber schon Berlin mit 17 700 Euro. Das Saarland hat – unter Einschluss seiner Kommunen – Schulden von etwa 10 700 Euro, Schleswig-Holstein nur 9000 Euro. Das macht deutlich: Sollte es eine Schuldenhilfe für arme Länder geben, wäre Berlin unbedingt einzubeziehen. Zwar ist die Lage dieser drei Länder verschieden, gemeinsam für alle trifft aber zu, dass schon relativ kleine Weichenstellungen in der Ausgabenpolitik der Vergangenheit zu einer deutlichen Verbesserung der Situation geführt hätten.

Für Schleswig-Holstein hätten schon mäßige Konsolidierungsanstrengungen ab dem Jahr 2000 ausgereicht, um 2007 einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Dort sind die Primärausgaben (also ohne Zinsen) jahresdurchschnittlich um 1,5 Prozent gewachsen. Hätte sich das Land mit 1,0 Prozent Ausgabenanstieg beschieden, wäre ihm der Haushaltsausgleich sicher gewesen. Etwas schwieriger ist die Lage im Saarland. Wenn man hier den Zeitraum seit 1994 zugrunde legt (Beginn der Sanierungshilfen für die damaligen Notlageländer Bremen und Saarland), hätte Saarland seine Primärausgaben seitdem einfrieren müssen, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Bremen wiederum hätte seine Ausgaben seit 1994 um jährlich 0,6 Prozent senken müssen. Stattdessen wuchsen sie um 0,4 Prozent pro Jahr. Auch wenn das ein harter Weg gewesen wäre: Bremen und das Saarland hätten den Ausgleich aus eigener Kraft schaffen können, zumal beide Länder über zehn Jahre durch großzügige Bundessanierungshilfen unterstützt wurden.

Zum Vergleich: Berlin hat von 1994 bis 2007 seine Primärausgaben um jahresdurchschnittlich 0,8 Prozent gesenkt! Und in der Finanzplanung bis 2011 ist ein Nullwachstum vorgesehen. Es gibt folglich keinen Grund, ausgerechnet die Länder Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein bevorzugt zu behandeln.

Es wäre stattdessen notwendig, die strukturellen Finanzprobleme aller neuen Länder ins Visier zu nehmen und im Falle einer Schuldenhilfe den Kreis der Empfänger entsprechend zu erweitern. Aber anders als früher sollte eine solche Schuldenhilfe nur stufenweise ausgezahlt werden, und auch erst dann, wenn das begünstigte Land einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt hat. Das würde die richtigen Anreize schaffen.

Der Autor ist Berliner Finanzsenator.

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