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© ddp

Pro & Contra: Hoher Preis für kleine Sünden

Die Verwaltung von Strafzetteln kostet oft mehr als diese einbringen. Politiker wollen deshalb Verstöße verteuern. Zu Recht? Diskutieren Sie mit.

Vor kurzem hat der Finanzsenator wieder einen seiner gefürchteten Foliensätze vorgelegt. „Was kostet wo wie viel?“, heißt das Werk, das die Produkte der Bezirksverwaltungen vergleicht. Eines davon sind die Knöllchen für falsches Parken – und die kosten laut Sarrazins Aufstellung nicht nur den Sünder Geld, sondern in vielen Fällen auch die Allgemeinheit. Denn die Verwaltungsprozedur ist teurer als die Strafe: Zu 13,39 Euro aus der Bezirkskasse kommen 6,47 Euro für die Arbeit der Polizei-Bußgeldstelle, die die Anhörungsschreiben und Bescheide ver sendet. Macht 19,86 Euro für ein Berliner Durchschnittsknöllchen.

Thilo Sarrazins Rechnung bezieht sich auf den Einsatz der Ordnungsämter außerhalb der Gebiete mit Parkraumbewirtschaftung. Die Strafzettel für abgelaufene oder nicht gelöste Parkscheine sind also ausgenommen. Aber auch andere Parkverstöße sind bereits ab fünf Euro zu „haben“. In die billigste Kategorie fallen beispielsweise eine fehlende Parkscheibe auf dem Armaturenbrett oder ein um maximal eine halbe Stunde überzogenes Parkzeitlimit, wie es etwa in Einkaufsstraßen oder vor öffentlichen Gebäuden üblich ist. Mindestens zehn Euro muss zahlen, wer zu nahe an Kreuzungen parkt und wer vor Ampeln und auf Fußgängerwegen, in Feuerwehrzufahrten und in Bushaltestellen hält. 15 Euro werden fürs Parken im Parkverbot, das Halten in zweiter Reihe und auf Bahnübergängen fällig. Der gleiche Preis gilt fürs Parken (also mehr als drei Minuten Halten oder Fahrzeug verlassen) auf Geh- und Radwegen. Die Polizei führt zwar keine separate Falschparker-Statistik, meldet aber für 2007 insgesamt mehr als zwei Millionen „Verstöße im ruhenden Verkehr“. In dieser Zahl dürften die Falschparker zumindest die klare Mehrheit ausmachen.

Für Falschparker, die andere behindern, werden – zumindest auf dem Papier – Aufschläge fällig, sodass die Strafe dann doch teurer werden kann als der Verwaltungsaufwand. Die Obergrenze ist bei 50 Euro und einem Punkt in Flensburg erreicht, wenn man einer Feuerwehr im Weg steht. All das steht im Bußgeldkatalog, der bundesweit einheitlich geregelt ist. Änderungen müsste also der Bundestag beschließen – oder Berlin müsste eine Bundesratsinitiative starten. „Da würden sich Herr Sarrazin oder Frau Junge-Reyer bei den Autofahrern sicher sehr beliebt machen“, sagt Mittes Ordnungsstadtrat Joachim Zeller (CDU). Er hält Sarrazins gesamte Kalkulation für schief, weil der Allgemeine Ordnungsdienst – also jenes Personal der Ordnungsämter, das eben keine Parkscheine kontrolliert – für alles Mögliche zuständig sei und nur hin und wieder Knöllchen schreibe. Sarrazins Parteifreund Marc Schulte, Ordnungsstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, hält die errechneten 19,86 Euro zumindest als Orientierungshilfe für korrekt. Während sich Schulte bei der Strafe nicht festlegen mag, findet CDU-Mann Zeller: „Das einfache Falschparken ist mit fünf Euro ausreichend abgegolten.“ Die Darstellung, dass die Allgemeinheit für Falschparker draufzahlt, hält Zeller für Populismus.

Claudia Hämmerling, die Verkehrsexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus, sieht das völlig anders: „Mit fünf Euro lässt sich nichts sanktionieren. Es muss schon ein bisschen wehtun.“ Sie würde „eine Parallele ziehen zwischen Schwarzfahren und Schwarzparken: Der Schwarzfahrer erschleicht Beförderungsleistung, der Schwarzparker erschleicht sich öffentliches Straßenland.“ Während Schwarzfahren selbstverständlich 40 Euro koste, werde Falschparken oft als normal empfunden.

Bei der Bezahlung von Verkehrsverstößen will die Polizei künftig sparsamer werden. Verkehrssünder sollen ihre Vergehen voraussichtlich ab Januar nicht mehr in bar bezahlen können. Die Verwaltung des eingenommenen Geldes sei so hoch, dass sie 28 Stellen binde, heißt es bei der Polizei. Barzahlung sei deshalb künftig nur noch in Ausnahmefällen möglich, etwa, wenn der Verkehrssünder seinen Wohnsitz im Ausland habe.

Diese Regelung betreffe allerdings nur einen kleinen Teil der Verkehrsvergehen, sagt Nicola Rothermel, Sprecherin der Senatsinnenverwaltung. Lediglich rund 200 000 Euro würden auf diesem Weg in die öffentlichen Kassen fließen. Rund 53 Millionen Euro mussten Autofahrer im vergangenen Jahr insgesamt für Verkehrsverstöße zahlen.

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