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Qualitätsdebatte: Streit um Zöllners Gratis-Kitas

Irgendwann konnten die Erzieherinnen ihre Wut nicht mehr zurückhalten. „Sind wir denn hier der Arsch der Nation?“, brüllte eine von ihnen.

Die Verärgerung unter den 200 überwiegend weiblichen Besuchern, die am Dienstagabend einer Einladung des Berliner Kita-Bündnisses ins Abgeordnetenhaus gefolgt waren, hing vor allem mit Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) zusammen. Dessen vergangene Woche im Senat beschlossener Gesetzentwurf zur Gratis-Kita sieht vor, dass auch einkommensstarke Eltern ab 2010 für das vorletzte Kita-Jahr kein Geld mehr bezahlen. Und ab 2011 alle drei- bis sechsjährigen Berliner kostenlos in die Kita gehen können. Zöllners Gesetzentwurf muss nun dem Rat der Bürgermeister vorgelegt und dann ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.

Während Zöllner diesen Plan einen „weiteren Meilenstein“ nennt, kritisieren Bildungsexperten das Vorhaben: denn viele Erzieherinnen sind überlastet, weil sie zwar das vor einigen Jahren eingeführte Berliner Bildungsprogramm durchführen müssen, dafür aber nicht mehr Personal oder Zeit zur Nachbereitung bekommen.

„Die Mittelschicht soll für eine gute Bildungsqualität auch bezahlen“, sagte Christa Preissing vom Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung. Stattdessen müsse das Land in eine qualitative Verbesserung der Kitas investieren – und unter anderem mehr Personal bereitstellen. Zurzeit betreut eine Berliner Erzieherin durchschnittlich vier Krippen- und acht Kindergartenkinder. Die Bertelsmannstiftung empfiehlt hingegen, dass auf eine Erzieherin vier Krippen- oder zehn Kindergartenkinder kommen sollten.

Für eine qualitative Verbesserung der Kitas sprachen sich auch die eingeladenen jugend- und familienpolitischen Sprecher der Oppositionsfraktionen aus: Sebastian Czaja (FDP), Emine Demirbüken-Wegner (CDU) und Elfi Jantzen (Grüne) sagten, dass bessere Rahmenbedingungen wichtiger seien als eine generelle Beitragsfreiheit. Und auch den Vertretern der Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus, Sandra Scheeres (SPD) und Margrit Barth (Linke), gehen die Pläne des Bildungssenators nicht weit genug. „Ich werde in den Haushaltsberatungen weiter für mehr Personal kämpfen“, sagte Scheeres.

Ihr Parteikollege Zöllner hat allerdings mehrfach betont, dass kein Geld für Qualitätsverbesserungen bereitstehe. Die Kosten für jedes freie Kita-Jahr liegen bei rund 19 Millionen Euro. 

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