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Rechnungshofpräsidentin: Ohrfeige für Rot-Rot

Schwere Niederlage für die rot-rote Koalition: Die SPD-Kandidatin für das Amt der Rechnungshofpräsidentin, Hella Dunger-Löper, fiel bei der Wahl im Parlament durch.

Bei der Wahl einer neuen Rechnungshofpräsidentin hat die rot-rote Koalition eine schwere Niederlage erlitten. Hella Dunger-Löper (SPD), Staatssekretärin in der Stadtentwicklungsbehörde, fiel bei der geheimen Abstimmung im Abgeordnetenhaus durch. Sie erhielt nur 74 Stimmen, eine weniger als notwendig. Mindestens zwei Vertreter der Regierungsfraktionen müssen die Zustimmung verweigert haben. SPD und Linke verfügen im Landesparlament über 76 Mandate.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gestand die Schlappe sofort ein: „Das ist eine Ohrfeige für die Koalition“. Er und seine Kandidatin, die 57-jährige Dunger-Löper, gehören dem Kreisverband in Charlottenburg-Wilmersdorf an und kennen sich seit Jahrzehnten aus gemeinsamer parlamentarischer und kommunalpolitischer Arbeit. Die SPD-Fraktion beantragte nach der misslungenen Abstimmung die Vertagung der Wahl. Der Senat muss jetzt eine andere Kandidatin (oder einen Kandidaten) für das wichtige Amt suchen. Wowereit schloss am Donnerstag nicht aus, dass die Spitzenposition neu ausgeschrieben wird. Zuständig für die Nominierung des Rechnungshofpräsidenten ist der Senat. Aber die Wahl ist Angelegenheit des Parlaments.

Der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann bot Rot-Rot an, „nun gemeinsam eine geeignete Persönlichkeit zu finden“. Auch die FDP ist dazu bereit. Der CDU-Chef Frank Henkel geht aber davon aus, „dass SPD und Linke das gar nicht wollen“. Vor dem Wahlgang am späten Nachmittag hatte die Opposition in einer kurzen Debatte noch einmal kritisiert, dass ein sozialdemokratisches Regierungsmitglied ohne Übergangsfrist die Leitung einer unabhängigen Behörde übernehmen soll, die die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Berliner Landes- und Bezirksverwaltung überprüft.

Dunger-Löper sei eine „ausgewiesen parteiische Politikerin“, sagte der CDU-Haushälter Uwe Goetze. Sein Fraktionskollege Florian Graf fügte hinzu: In ihrer Position als Staatssekretärin habe die SPD-Frau gezeigt, dass sie „nicht für Kontrolle und Transparenz steht, sondern für die Verschleierung von Verwaltungshandeln.“ Die SPD habe mit dem Personalvorschlag ihren „moralischen Kompass verloren“, kritisierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser wies daraufhin, dass Dunger-Löper als Rechnungshofpräsidentin zwangsläufig in Interessenskonflikte kommen würde. Zumal sie auch Vorgänge kontrollieren müsse, die sie vorher in der Stadtentwicklungsverwaltung mit veranlasst habe. „Da liegt am Ende kein Segen drauf.“

Nach der verlorenen Wahl schob der Linken-Landeschef Klaus Lederer der SPD-Fraktion die Verantwortung für die fehlenden Stimmen zu. „Unsere Fraktion hat gestanden.“ Der SPD-Fraktions- und Landeschef Michael Müller sprach von einem „herben Rückschlag“. Da hätten zwei Abgeordnete „nicht mit offenen Karten gespielt“. Andere SPD-Parlamentarier zeigten sich schockiert, wollten aber nicht eingestehen, dass die Nominierung Dunger-Löpers durch den Senat ein Fehler gewesen sein könnte.

Die Neuwahl wurde notwendig, weil der bisherige Rechnungshofpräsident Jens Harms nach achtjähriger Amtszeit in den Ruhestand geht. Der Rechnungshof ist an keine Weisungen gebunden. Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit. Die Behörde prüft kontinuierlich den wirtschaftlichen, sparsamen und ordnungsgemäßen Umgang der Berliner Verwaltung mit öffentlichen Geldern. Ulrich Zawatka-Gerlach

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