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Streitigkeiten: Rot-rote Eiszeit in Berlin

Der Ton ist rau, aber nicht herzlich. Ein halbes Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl beginnen SPD und Linke, sich voneinander abzugrenzen. In der Koalition flammt täglich neuer Streit auf: um die Wasserpreise, Langzeitarbeitslose, die Howoge.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Im Streit um die Frage, wer die Wasserpreise am schönsten senkt, gerieten sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) öffentlich in die Haare. Auch der Konflikt um die Finanzierung des Öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS) kühlt das Koalitionsklima ab.

Jetzt gerieten sich im Beteiligungsausschuss des Parlaments beide Regierungsfraktionen sogar wegen Nebensächlichkeiten in die Haare. Es ging um die Bezahlung von Assistenten für den Howoge-Untersuchungsausschuss. Die Linke ist zudem unzufrieden, weil die sozialdemokratischen Genossen einige Anträge auf die lange Bank schieben. Sei es zur Wohnungspolitik oder zum Wählen ab 16. Vieles laufe, so hört man, „sehr zäh“. Bisher sind das noch begrenzte Verwerfungen auf weitgehend stabilem Koalitionsgrund und die Führungsleute sind bestrebt, die schlechte Laune wieder in den Griff zu bekommen.

So hat Wowereit der Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) ein Gespräch über den ÖBS angeboten. Er weiß, dass auch in der SPD-Fraktion das seit Jahren diskutierte Förderprogramm für Langzeitarbeitslose mit Sympathie begleitet wird. „Wir müssen langfristig was für diese Menschen tun“, sagt die SPD-Arbeitsmarktexpertin Burgunde Grosse. Die rigide Haltung des Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos) teilt sie nicht. In Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf haben Bürgermeister und Stadträte, die der SPD und der Linken angehören, gemeinsam Briefe an den Regierenden Bürgermeister geschrieben. Er solle „die Entscheidung, für Bürgerarbeit keine Landesmittel bereitzustellen, zurücknehmen“.

Wowereit wolle sich aber, so hört man aus dem Roten Rathaus, nicht über die Wahl hinaus auf teure Programme festlegen, die die Handschrift der Linken tragen. Und dem Kollegen Wolf habe er schon mehrfach intern bedeutet, dass er in Sachen hohe Wasserpreise nicht der SPD die Verantwortung in die Schuhe schieben solle. Jetzt habe er dies eben mal öffentlich gesagt, deutliche Worte gefunden und Grenzen gezogen. „Durchaus ungewöhnlich“, wird in der Linksfraktion vermerkt. Deren Chef Udo Wolf sagt dazu aber nichts. Er ist auf einer Fraktionsvorsitzendenkonferenz in Schwerin.

Am 27. März berät ein Parteitag der Linken das Wahlprogramm. Danach, so hofft man in der SPD, werde wieder Koalitionsfrieden einkehren. Die Umfragewerte der Linken sinken, auch das trägt zur Nervosität bei. „Ist alles nur Wahlkampfgetöse“, sagt der SPD-Rechte Karlheinz Nolte. „Wir müssen aber nur aufpassen, dass dies nicht in die parlamentarische Tagesarbeit schwappt“, so die SPD-Linke Dilek Kolat. Der SPD-Landeschef Michael Müller räumt ein: Es gehe zurzeit „etwas ruppig“ zu, aber: „Das kriegen wir gelöst“. Klar ist: Die Linke will bis 2016 mit der SPD weiterregieren. In der SPD teilt sich die Gunst fifty-fifty auf Linke und Grüne auf.

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