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Schule: Fast 1000 Berliner Lehrer sind dauerkrank

Berlin hat genug Lehrer, dennoch fehlt an fast jeder zweiten Schule Personal. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisiert die positive Bilanz von Bildungssenator Zöllners als "Lachnummer".

Berlin - Die Bilanz der Bildungsbehörde einen Monat nach den Ferien ist widersprüchlich. Zwar sind die Schulen im Durchschnitt zu 100,5 Prozent mit Lehrern ausgestattet, aber diese lassen sich nicht gleichmäßig verteilen. So haben immer noch 43 Prozent der Schulen nicht die Lehrkräfte, die ihnen zustehen. Zudem ist die Zahl der Langzeitkranken drastisch gestiegen – auf 987. Alleine seit dem 1. August sind 285 dauerkranke Lehrer hinzugekommen. Die übrigen 702 langfristig Erkrankten werden bereits nicht mehr in die Statistik eingerechnet. Durch den hohen Krankenstand hatte es zu Beginn des Schuljahres große Probleme gegeben, alle Stunden zu erteilen. Insgesamt gibt es in der Hauptstadt 30 000 Lehrer für 307 000 Schüler. Zentral verwaltete Schulen wurden in der Untersuchung nicht berücksichtigt.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) zog am Freitag eine „positive Bilanz“: „Es ist ausgesprochen erfreulich, dass 57 Prozent der insgesamt 691 Schulen 100 Prozent und mehr haben“, sagte er. Allerdings müssten einige Schulen noch „nachjustiert“ werden. Die Abweichungen vom exakten Bedarf seien „sehr viel geringer als in der Vergangenheit“. In anderen Bundesländern seien Abweichungen von zwei Prozent nach oben oder unten „als Mittelwert selbstverständlich“.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnete die Bilanz Zöllners als „Lachnummer“. Es sei offensichtlich, dass er sie schönrede, wenn er sage, dass der Unterricht „vollständig gewährleistet“ sei. Die GEW monierte: „Mit 100 Prozent ist eine Schule nicht zu organisieren.“ Ausfälle in Mangelfächern seien mit einer so knappen Kalkulation kaum zu kompensieren.

Unter den rund 300 Schulen, die zu wenig Lehrer haben, sind 44, denen mehr als eine ganze Stelle fehlt: Mehr als 26 Unterrichtsstunden können daher nicht regulär erteilt werden. Um diesen Schulen zu helfen, werden weitere befristete Einstellungen, Umsetzungen und Aufstockungen geprüft. Einigen von ihnen wird geholfen, indem sie von benachbarten Schulen, die zu viele Lehrer haben, stundenweise Kollegen ausgeliehen bekommen. 74 Schulen haben wesentlich mehr Lehrer, als ihnen zustehen; allerdings nur vorübergehend: Hier gehen demnächst einige Kollegen in Pension, so dass es sich nicht lohnt, überhängiges Personal noch abzuziehen.

Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik. Noch vor kurzem habe Zöllner angekündigt, dass alle Schulen die ihnen zustehenden Lehrer erhalten sollten. Dass dies jetzt nur bei 57 Prozent der Fall sei, sei ganz klar ein „Offenbarungseid“, sagte Özcan Mutlu (Grüne). Mieke Senftleben (FDP) sprach von einem „Eingeständnis seines Scheiterns“. „Die Politik hat den Mund zu voll genommen“, kritisierte auch Gerhard Schmid vom Bund Freiheit der Wissenschaft. Der Oberschulrat ist der Ansicht, dass es unrealistisch sei, alle Schulen zu 100 Prozent auszustatten, weil Schülerzahlen sich ständig änderten und weil eine Lehrerstelle nicht unbegrenzt teilbar sei. Er fordert, dass es zusätzlich zwei bis drei Prozent Verfügungsmasse pro Bezirk geben müsse.

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