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Senat: Rote wollen grünen Strom produzieren

Die überraschende Ankündigung von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), in Kooperation mit Brandenburg einen landeseigenen Energieversorger aufzubauen, ist beim Koalitionspartner SPD auf vorsichtige Zustimmung gestoßen.

Die überraschende Ankündigung von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), in Kooperation mit Brandenburg einen landeseigenen Energieversorger aufzubauen, ist beim Koalitionspartner SPD auf vorsichtige Zustimmung gestoßen. Auch die Berliner Grünen halten die von Wolf am Sonnabend auf dem Landesparteitag der Linken geäußerte Idee für sinnvoll, wenngleich sie daran zweifeln, dass der Senat das Vorhaben ernst meint.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der sich erst vor wenigen Tagen mit seinem Amtskollegen undParteifreund Wolf zu einem Gespräch über die Energiepolitik der beiden Länder getroffen hatte, sagte dem Tagesspiegel, er habe zwar von dem Plan aus Berlin gehört, aber es habe noch keine Abstimmung gegeben. Wenn Berlin einen landeseigenen Energieerzeuger plane, sei klar, dass dafür auch Brandenburger Flächen benötigt würden.

Wolf hatte am Sonnabend auf dem Linken-Parteitag in Berlin-Lichtenberg die bisher nur in kleinem Kreis abgestimmte Idee präsentiert, ein kommunales Unternehmen aufzubauen, das die Hauptstadtregion mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen soll. Möglich sei, Biomasse-Strom aus Brandenburg nach Berlin zu holen. Christoffers sagte dem Tagesspiegel, Wolf und er hätten bei ihrem Treffen eine engere Kooperation in der Energiepolitik beider Länder vereinbart. Dabei spiele die Förderung regenerativer Energie eine „herausragende Rolle“. Auch habe man vereinbart, die Energiekonzepte der Nachbarländer miteinander abzustimmen. Das werde derzeit auf der Fachebene zwischen Senat und Wirtschaftsministerium besprochen.

Sollte Wolfs unerwarteter Vorstoß vom Wochenende tatsächlich umgesetzt werden, wäre Berlin damit in guter Gesellschaft. Nach dem Privatisierungsboom der vergangenen Jahre bemühen sich derzeit mehrere Kommunen, die Hoheit über die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser zurückzugewinnen oder durch Gründung neuer Unternehmen mehr Kontrolle zu erlangen. So hat Hamburg seit einem halben Jahr wieder eigene Stadtwerke. Das unter Regie der schwarz-grünen Koalition gegründete Unternehmen „Hamburg Energie“ – eine Tochter der kommunalen Hamburger Wasserwerke – bietet seit kurzem klimafreundlich produzierten Strom an, mittelfristig will man auch eigenen Strom produzieren, um damit in erster Linie dem Vattenfall-Konzern Konkurrenz zu machen, der vor sieben Jahren die Hamburgischen Elektrizitätswerke gekauft hatte. Ab 2011, so die Planung der Landesregierung, soll eine erste kommunal gebaute Windkraftanlage Strom liefern, weitere regenerative Erzeugungsanlagen sind geplant.

In Berlin stößt Harald Wolfs Vorstoß auf vorsichtige Zustimmung. „Ein interessanter Vorschlag“, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz. Allerdings sei wichtig, dass es bei dem Projekt nicht um einen reinen Stromhändler geht – dafür sei kein Bedarf bei rund 100 Anbietern, unter denen Berliner wählen können. Wenn das Ziel aber eine eigene Stromerzeugung in Brandenburg oder in Berlin durch dezentrale Anlagen sei, sei die SPD „offen“ für eine Diskussion. Zwischen SPD und Linken hatte es zuletzt Scharmützel um Themen der kommunalen Grundversorgung gegeben. So gab es am vergangenen Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen Schlagabtausch zwischen SPD-Chef Michael Müller und Wirtschaftssenator Wolf über die von beiden Koalitionspartnern angestrebte Offenlegung der 1999 geschlossenen Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe – was SPD und Linke beide wollen, wobei sie aber jeweils dem anderen Koalitionspartner mangelndes Engagement in der Sache unterstellen.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Schäfer, ist skeptisch, dass Wolfs neuer Vorstoß mehr ist als nur eine politische Ankündigung. Er fordert den Wirtschaftssenator auf, konkrete Konzepte vorzulegen. „Die Linken produzieren viele Vorstellungen, aber sind in der Umsetzung schwach“, sagte Schäfer mit Blick auf das aus seiner Sicht „dilettantische“ Klimaschutzgesetz des Senats. Sollte das von Wolf angeregte Projekt umgesetzt werden, wäre das allerdings „klimapolitisch extrem spannend“ und verdiene Unterstützung.

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