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Justizsenatorin Gisela von der Aue.

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Sicherungsverwahrung: Senatorin: Schwerverbrecher kommen trotzdem frei

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue zweifelt an der angekündigten Neuregelung. Deshalb sucht sie für sieben Sicherungsverwahrte, die kurz vor der Entlassung stehen, weiter Quartiere.

Mindestens sieben noch inhaftierte Berliner Gewaltverbrecher werden wohl trotz der angekündigten Neuregelung der Sicherungsverwahrung freikommen. Das erwartet Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD). Die Justiz sucht deshalb nach Unterbringungsmöglichkeiten für die Männer in Einrichtungen des Betreuten Wohnens. Man wolle die Betroffenen „zügig mit Wohnraum versorgen“, sagte Justizsprecher Bernhard Schodrowski am Freitag. Wann genau die Männer freikommen, ist nicht abzusehen. Sie könnten im Laufe des Herbstes entlassen werden. Der forensische Psychiater Hans-Ludwig Kröber hat über alle sieben Sicherungsverwahrten neue Gutachten verfasst; fünf hält er für rückfallgefährdet.

Von der Aue äußerte am Freitag Zweifel daran, dass die von der Bundesregierung angekündigte Neuregelung für die sieben Berliner Sicherungsverwahrten gilt, die kurz vor der Entlassung stehen. Die Regelung solle für „psychisch gestörte“ Täter gelten, so die Senatorin – das aber treffe auf die meisten Sicherungsverwahrten nicht zu. Sie seien schuldfähig, hätten ihre Strafe abgesessen und seien danach in Sicherungsverwahrung genommen worden.

Fraglich ist auch, ob die angekündigte Regelung die Gerichte dazu bringen wird, Entscheidungen über die Freiheit der sieben Straftäter zu verschieben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte an der deutschen Vollzugspraxis gerügt, die Sicherungsverwahrung ähnele zu sehr einer Strafe. Gut möglich, dass die Richter das Recht der noch einsitzenden Straftäter auf Freiheit höher bewerten als die Ankündigung der Bundesregierung, das neue Gesetze solle auch für Altfälle gelten.

Die Justizsenatorin hofft bei allen sieben Männern auf deren Bereitschaft, sich nach der Entlassung „in therapeutische Behandlung“ zu begeben, wie sie dem Tagesspiegel sagte. „Sie müssen außerdem durch Bewährungshelfer engmaschig betreut werden. Und sie brauchen ein strukturiertes Leben. Wenn wir das hinkriegen, ist die Rückfallgefahr deutlich geringer.“ Die Senatorin erwartet zudem Auflagen wie etwa Alkoholverbote für die Sicherungsverwahrten. Sobald ein Betreuer einen Hinweis darauf habe, dass es gefährlich werden könnte, würden die Täter ermahnt und potenzielle Opfer gewarnt.

Nichts hält von der Aue von Vorabinformationen der Nachbarschaft über zuziehende Straftäter. Sie verstehe die Sorgen der Bürger, doch würden die Leute so nur verunsichert. „Es kommen immer wieder gefährliche Straftäter nach Verbüßung ihrer Strafhaft frei, unter Auflagen und unter Führungsaufsicht. Und es passiert nicht täglich etwas“, sagte von der Aue. Sie habe auch keine Möglichkeit, einen entlassenen Sicherungsverwahrten im Betreuten Wohnen einzuquartieren: „Wir können niemanden zwingen“, sagte sie.

Unklar sind die Folgen einer neuen Regelung für den Berliner Vollzug. Die Bundesregierung will therapeutische Einrichtungen, die vom Strafvollzug getrennt, aber gesichert sind. Von der Aue sagte dazu, der Bund müsse „klar beschreiben, wie er sich eine ’geschlossene Einrichtung’ vorstellt, die nicht Justizvollzugsanstalt und auch nicht psychiatrische Anstalt ist“ und in der Sicherungsverwahrte unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden könnten. Da seien „noch viele Fragen offen“.

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