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Kraft holen. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft forderte als Gastrednerin die Berliner SPD zu Selbstbewusstsein auf. Foto: dapd

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SPD: Parteitag bejubelt Wowereit

Ein kämpferischer Klaus Wowereit begeistert den Parteitag. Die SPD will die Wasserbetriebe und die S-Bahn kaufen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es wurde gejubelt, als hätte Klaus Wowereit die Wahl schon gewonnen. Fast eineinhalb Stunden hatte er zuvor geredet. Aufgeräumt und locker, witzig und sehr konzentriert absolvierte der Regierende Bürgermeister und Vize-Parteichef eine Thementour durch die Berliner Landespolitik. Berlin sei arm, aber sexy, dazu bekannte er sich auf dem SPD-Landesparteitag am Sonnabend in einem Kongresshotel auf dem FU-Campus ausdrücklich. „Berlin kann, was das Geld angeht, mit vielen Metropolen der Welt nicht mithalten, reich war die Stadt noch nie.“ Aber Berlin habe, „eine Ausstrahlung, Anziehung, Wildheit und Schönheit, die es nicht noch einmal gibt auf der Welt“.

Die Kampfansage der Grünen, bei der Wahl 2011 die stärkste Partei zu werden, nahm Wowereit an und sagte an die Adresse der Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast: „Eine Metropole wie Berlin zu regieren geht nicht im Schlafwagen“. Dann nahm er sich, am Beispiel des Großflughafens BBI, die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Grünen vor. „Die SPD will, dass Berlin prosperiert und dafür brauchen wir die notwendige Infrastruktur“. Er werde, so Wowereit, keine Politik mitmachen, die den Flugverkehr reduziere. In den 90er Jahren sei die SPD, auch wegen des Lärmschutzes, für einen Flughafen in Sperenberg gewesen. Aber die Grünen hätten damals „die Lurche in Sperenberg schützen“ wollen anstatt die Menschen im Umfeld von Schönefeld.

Mit dem Motto des Parteitags reagierte die SPD eindeutig auf den neuen Slogan der Grünen „Eine Stadt für alle“. Die Sozialdemokraten sagen nun: „Berlin miteinander“. Seit dem Machtwechsel 2001 sei „unheimlich viel geleistet worden“, rief Wowereit in den Saal. „Das hat man der Stadt und Rot-Rot nicht zugetraut“. Dann zitierte er den Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU), der bei seinem Antrittsbesuch im Roten Rathaus gesagt habe, Berlin sei atemberaubend.

Mit dem Landesparteitag in Dahlem legten sich die Berliner Sozialdemokraten auf Konzepte für eine moderne Industriepolitik und den künftigen Umgang mit den öffentlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge fest. Der Regierende Bürgermeister appellierte in seiner Rede an die privaten Miteigentümer der Berliner Wasserbetriebe, sich von ihren 1999 erworbenen Anteilen wieder zu trennen. Der Senat werde dann einen Rückkauf dieser Gesellschafteranteile prüfen. Wowereit machte auch klar, dass es mit der SPD „in Zukunft keine neuen Privatisierungen geben wird“. Die Ankündigung Wowereits wurde anschließend durch einen Beschluss bestätigt: Der Senat müsse den Rückkaufwillen gegenüber den Investoren RWE und Veolia förmlich erklären und durch ein „langfristig kostenneutrales Finanzierungsmodell“ unterlegen. Parallel dazu solle der Senat die umstrittenen Privatisierungsverträge nachverhandeln, um beim Wasser „nachhaltige Preissenkungen“ zu erreichen.

Der Parteitag sprach sich für die Gründung von Stadtwerken aus. Als kommunaler Energieversorger, der Strom, Gas und Wärme anbietet, in erneuerbare Energien und umweltfreundliche Kraft-Wärme- Koppelung investiert. Mit den Energieproduzenten und –versorgern, die es in Berlin schon gibt, sollten die neuen Stadtwerke kooperieren. Zudem will die SPD, dass die kommunalen Stadtwerke einen Sozialtarif für den Grundbedarf anbieten.

Ein weiterer Vorschlag der Sozialdemokraten: Die Stadtwerke könnten die Keimzelle für eine weitgehend landeseigene Netzgesellschaft sein, denn 2013/14 laufen die Konzessionsverträge für Strom und Gas aus. Die bestehenden Verträge mit Gasag und Vattenfall sollten offengelegt werden. Der SPD-Parteitag legte sich aber nicht endgültig fest, wer in Zukunft die Netze betreiben soll. „Das Land Berlin ist in seiner Entscheidung weitestgehend frei.“ In jedem Fall solle der Einfluss des Landes auf die Netze gestärkt werden mit dem Ziel, bei Energiedienstleistungen die Marktführerschaft zu übernehmen.

Auch zur S-Bahn legten sich die SPD fest. Eine Teilausschreibung von Strecken ab 2017 wurde abgelehnt. Stattdessen wurde der Senat aufgefordert, die S-Bahn in Landeseigentum zu übernehmen oder direkt an die BVG zu vergeben. Intensiv und strittig war die Debatte zur Rekommunalisierung, aber es gab keine Kämpfe wie um die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 auf dem letzten Parteitag. Alle wichtigen Beschlüsse wurden mit großer Mehrheit gefasst. „Dies ist ein Arbeits-Parteitag“, hatte der SPD-Landeschef zur Eröffnung gesagt. Die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft appellierte als Ehrengast an den Willen zur Geschlossenheit. „Legt die Umfragen beiseite und konzentriert euch auf das, was die Sozialdemokratie ausmacht“, sagte Kraft. „Lasst euch nicht kirre machen, Kopf hoch, Brust raus, Glück auf“.

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