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Spitzenkandidatin: Grüne wählen Künast mit über 90 Prozent

Mit einer sehr kämpferischen Rede ist Renate Künast zur Spitzenkandidatin der Berliner Grünen gewählt worden. Winfried Kretschmann sandte per Videobotschaft "Grüße aus dem Ländle".

Von Sabine Beikler

Mit fünf Euro und einem „Lächeln für Renate“ ist man dabei. Das versprechen Zahnputztabletten, im Set für 8,50 Euro, für die im Foyer des Tempodroms geworben wird. Davon spendet „Denttabs“ fünf Euro in die Wahlkampfkasse der Grünen.

Sein typisches Schmunzeln hat auch Winfried Kretschmann aufgesetzt, der im großen Saal per Videobotschaft zu den 820 Berliner Grünen-Mitgliedern „Grüße aus dem Ländle“ sendet. Der erste designierte grüne Ministerpräsident in Baden-Württemberg erwartet auch in Berlin im September eine „grün-rote Regierung“. Man wolle „grünen Dampf“ in die Republik bringen. Und mit Renate Künast, die „nicht nur eine Kampffrisur, sondern auch eine Kampfnatur“ habe, werde das auch klappen.

Die 55-Jährige, die am Sonnabend von über 90 Prozent der Mitglieder offiziell zur Spitzenkandidatin gewählt wird, beginnt ihre Rede vor den Parteimitgliedern mit Humor. „Als größte schwäbische Stadt außerhalb Baden-Württembergs werden wir dieses Ziel in Berlin schon schaffen.“ Künast kritisiert die „ideenlose Politik“ des Senats, der „ausgelaugt“ Problemlösungen aussetze und vor sich her schiebe. Und all das würde noch getoppt mit der Maßgabe „Ich mache das zur Chefsache. Dann geht es nämlich schief“ – damit meinte Künast den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, den sie aber kein einziges Mal namentlich in ihrer Rede erwähnte. „Jetzt fängt der Wahlkampf richtig an. Wir werden so stark werden, dass die Berliner uns das Steuerrad in die Hand drücken. Wir sind bereit, die Verantwortung für das Ganze zu übernehmen.“

Die positive Stimmung für die Grünen habe nicht nur mit der Atomkatastrophe in Japan zu tun, sondern mit Glaubwürdigkeit, die stärker als der Zeitgeist sei. Man habe von Anfang an den Ausstieg aus der Atomkraft und den Einstieg in regenerative Energien proklamiert. Berlin müsse Klimahauptstadt werden. Diese Chancen habe der Senat bisher nicht genutzt. Das Klimaschutzgesetz sei vertagt, das vom Senat vorgelegte Energiekonzept eine „energiepolitische Bankrotterklärung“. Und in der Bildungspolitik habe der Senat die Reform „versemmelt“. Die zentrale Frage sei die Qualität in der Bildung. Die Schulen bräuchten saubere und sichere Schulräume, es müssten 1145 neue Lehrerstellen geschaffen werden, die Schulen sollten zu Stadtteilschulen werden und ein Schulkonsens mit allen Beteiligten erzielt werden.

Es war eine sehr kämpferische Rede, die Künast hielt und für die sie mit Standing Ovations und einem sehr guten Stimmergebnis gefeiert wurde. Darauf konnten die Fraktionschefs Ramona Pop und Volker Ratzmann nicht setzen. Pop wurde auf Platz zwei mit 66,8 Prozent, Ratzmann auf Platz vier mit 65,8 Prozent gewählt. Dieses Ergebnis war eine Retourkutsche der Linken gegen die Realpolitiker. Die Linke macht ein Drittel des über 5000 Mitglieder zählenden Landesverbands aus. Die Realos betrachteten das Ergebnis mit Schulterzucken, aber keiner sprach davon, dass der parteiinterne Frieden mit den Linken ins Wanken geraten würde. Der kürzlich gewählte Landesvorstand ist mit der Realpolitikerin Bettina Jarasch und dem Linken Daniel Wesener paritätisch besetzt. Weitere Kandidaten wurden mit Antje Kapek, Anja Schillhaneck, Stefan Gelbhaar, Claudia Hämmerling, Özcan Mutlu, Sabine Bangert, Michael Schäfer, Clara Herrmann, Heiko Thomas, Felicitas Kubala und Jochen Esser gewählt. Die Nominierung der Landesliste wird nächstes Wochenende weitergeführt.

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