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© dpa

Städtekooperation: Berlin und Hamburg wollen Fehde beenden

Zwei Rivalen vertragen sich wieder: Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit trifft sich Anfang kommenden Jahres mit seinem Hamburger Amtskollegen, um über eine Zusammenarbeit beider Städte zu sprechen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Klaus Wowereit (SPD) hatte das Treffen in einem Brief an Ole von Beust (CDU) vorgeschlagen. Inzwischen liegt ein Antwortbrief vor, wie der Hamburger Senatssprecher Christof Otto bestätigte. Der Erste Bürgermeister habe sich über das Angebot sehr gefreut und gehe gern darauf ein.

Der Briefwechsel ist Wowereits Reaktion auf die Hauptstadt-Rede von Beusts, die der CDU-Politiker am 17. September gehalten hatte. Damals regte er eine strategische Allianz zwischen den beiden größten Städten Deutschlands an. „Unterm Strich sind Hamburg und Berlin ähnlicher, als sie wahrhaben wollen. Und es wäre töricht, diese Gemeinsamkeiten nicht zu nutzen“, sagte von Beust damals.

Wowereit fand das auch und schrieb nach Hamburg. Er teile die Ansicht, dass beide Städte enge Verbindungen hätten, stimmte er seinem Amtskollegen zu. Das gelte beispielsweise für die Wirtschaftspolitik, den Klimaschutz, die Kultur oder die demografische Entwicklung. „Wir sollten die Möglichkeit der Zusammenarbeit beherzt ergreifen.“ Das bundesstaatliche Finanzsystem, das reformiert werden soll, sei ein weiteres Thema, über das sich Berlin und Hamburg austauschen könnten.

Eine fruchtbare Nähe, wenigstens ein fairer Wettbewerb, war zwischen beiden Metropolen im Norden und Osten Deutschlands bislang nicht selbstverständlich. Im Mai 2001 gab es, zum ersten und letzten Mal – eine gemeinsame Senatssitzung. Damals versprachen sich beide Regierungen, in der Verkehrs-, Gesundheits- und Integrationspolitik, bei der Förderung des Tourismus, der Medienwirtschaft und des Handels mit Osteuropa zu kooperieren. Aber nur beim Fremdenverkehr funktioniert das bisher. Beide Tourismus-Gesellschaften arbeiten erfolgreich zusammen. 43 Prozent aller deutschen Berlin-Gäste besuchen auch Hamburg. Mit dem ICE fährt man von einer zur anderen Stadt in 90 Minuten. Abends könnten die Verbindungen besser sein, um teure Übernachtungen zu vermeiden.

Doch ansonsten sind die guten Vorsätze in der norddeutschen Tiefebene versickert. Die harte Standort-Konkurrenz um Firmensitze und glanzvolle Events schob sich in den Vordergrund. Der 2001 gegründete Koordinierungskreis beider Stadtverwaltungen traf sich – ein Mal. Die Ergebnisse, zog Wowereit 2004 erstmals Bilanz, seien „hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Der Ton wurde härter. Als es 2005 mit Ach und Krach gelang, die Deutsche Bahn in Berlin zu halten, beschimpfte in der Hamburger Bürgerschaft ein CDU-Abgeordneter Berlins Regierenden Bürgermeister als „hysterisch“.

Auch der Umzug der „Bild“-Redaktion von der Alster an die Spree war für Hamburg ein harter Schlag. Trotzdem haben sich in diesem Jahr die Wirtschaftsförderungs- und die Marketinggesellschaften beider Städte getroffen, um Erfahrungen auszutauschen. Denn Hamburg und Berlin setzen ökonomisch auf dasselbe Pferd: Biotechnologie und Gesundheitswirtschaft, kreative Branchen, Informations- und Kommunikationstechnologien. Beide Ballungsräume verstehen sich als Tor zu Mittel- und Osteuropa. Ein abgestimmter Wettbewerb könnte gegenüber anderen Metropolen Vorteile bringen.

In einem Gutachten der Uni Hamburg für die dortige Senatskanzlei steht längst geschrieben, was machbar wäre: Beide Städte seien sich so ähnlich, dass es empfehlenswert sei, „möglichst viele Arbeitsgruppen einzusetzen, um gemeinsame Lösungen zu diskutieren“. Es böten sich Kooperationen bei Bildung und Wissenschaft, Kultur und Tourismus und den unternehmensnahen Dienstleistungen an.

Das Berlin-Hamburger Gipfeltreffen soll am 24. Februar stattfinden – nach der Wahl zum Hamburger Stadtparlament. Noch ist allerdings offen, ob danach von Beust (schwarz-grün) oder Michael Naumann (rot-grün) regiert – und somit Gesprächspartner sein wird. Im Januar reist Wowereit erst mal zum Neujahrsempfang der Hamburger SPD, um den Parteifreund Naumann im Wahlkampf zu unterstützen.

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