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Steuergeheimnis: Sarrazin "in der Sache richtig"

Finanzsenator Thilo Sarrazin hat gerade mächtig Ärger, weil er die Steuerdaten von Abgeordneten veröffentlichte, um Mobbing-Vorwürfe gegen seine Behörde zu entkräften. Die Abgeordneten indes können ihre Anschuldigungen gegen die Finanzbehörde nicht belegen.

Der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Ralf Hillenberg (SPD), dessen Ausschusskollege Rainer-Michael Lehmann (FDP) und der Ex-Abgeordnete Ulrich Brinsa (CDU) haben sich offenbar zu weit aus dem Fenster gelehnt. Ihr schwerwiegender Vorwurf, von der Finanzverwaltung schikaniert worden zu sein, weil sie Mobbingvorwürfe in der Behörde prüften, ist nicht belegbar. Hillenberg und Lehmann bestätigten gestern dem Tagesspiegel, dass die öffentliche Darstellung des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) „in der Sache richtig“ sei.

In einer siebenseitigen Erklärung hatte Sarrazin „steuerliche Sachverhalte“ der drei Politiker offengelegt. Mit ausdrücklicher Zustimmung des Bundesfinanzministeriums. Die dargelegten Fakten zeigen, dass es keine Sonderprüfungen durch Finanzämter gab, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Petitionsausschusses standen. Dem können die Betroffenen, wie sich nun zeigt, wohl auch nichts entgegensetzen. Stattdessen konzentrieren sich die Abgeordneten jetzt auf den Vorwurf, sie hätten der Aufhebung des Steuergeheimnisses schon im September zugestimmt. Der Streit mit Sarrazin hätte parlamentsintern geklärt werden können. Dessen spektakuläre Veröffentlichung wäre deshalb nicht rechtens.

Die Aktenlage sieht anders aus: Am 24. August wurden Hillenberg, Brinsa und Lehmann vom Abteilungsleiter „Steuern“ der Berliner Finanzverwaltung zum ersten Mal gebeten, ihre Steuerdaten freizugeben. Brinsa lehnte dies spontan ab, die beiden anderen reagierten auf den Brief zunächst nicht. Erst nach weiteren Vorstößen und Diskussionen erklärten sich die Abgeordneten bereit, ihr Steuergeheimnis in sehr eingeschränktem Maße und nur gegenüber bestimmten Mitgliedern des Ältestenrats des Parlaments preiszugeben. Nicht ausreichend, um die schweren Vorwürfe gegen die Berliner Finanzämter zu widerlegen, so die Einschätzung Sarrazins.

Was sind das für Abgeordnete, die seit Mitte August behaupten, von den Behörden eingeschüchtert, schikaniert, böse attackiert worden zu sein? Hillenberg (51), der vom „Neuen Forum“ in der sterbenden DDR den Weg in die SPD fand, gehört seit langem zu den schillernden Figuren in seiner Partei. Bis 2002 war er Kreischef in Pankow; dann gab er diesen Posten nicht ganz freiwillig auf. Erst Zimmermann, dann Ingenieur und Bauleiter, seit 1994 mittelständischer Bauunternehmer. Nebenbei vermietet der äußerst selbstbewusste und selbstdarstellungsfähige Genosse hochwertige Ferienappartements an der Costa del Sol. Den Petitionsausschuss des Parlaments leitet Hillenberg seit 2001; darüber hat er jetzt auch ein Buch geschrieben: „Gerechtigkeit kennt keine Partei“. Vor einem Jahr hatten ihn die Grünen allerdings zum Rücktritt aufgefordert, wegen seiner Kritik an der Härtefallkommission der Ausländerbehörde im Fall der Familie Aydin. Der Kommission fehle, so Hillenberg, „ein konservatives Element“. Er selbst gehört zur gemäßigten SPD-Rechten, gilt aber in der eigenen Fraktion als – mehr oder weniger – liebenswerter Exot.

Ulrich Brinsa wiederum ist hartes Berliner CDU-Urgestein. Über drei Jahrzehnte stand der 69-Jährige an der Spitze des Ortsverbands Schönholz in Reinickendorf. Vom Postfacharbeiter hatte er sich zum Amtsrat im Umweltbundesamt hochgearbeitet, bevor er als Pressesprecher des früheren Innensenators Heinrich Lummer Senatsluft schnupperte. Nach 20-jähriger Pause kam Brinsa, parteiübergreifend als politischer Haudegen akzeptiert, 2001 noch einmal ins Abgeordnetenhaus, wo er sich im Petitionsausschuss engagierte. Insbesondere für einige Finanzbeamte, die sich von der Amtsleitung gemobbt fühlten.

Ein eher stilles und ausgeglichenes Temperament ist der FDP-Mann Rainer-Michael Lehmann. Auch er stammt, wie Hillenberg, aus dem Osten Berlins, war Schriftsetzer, dann Bürgerberater im Bezirksamt. Früher war er in der LDPD, in der FDP brachte es der ausgewiesene Sozialpolitiker zum Bezirkschef in Pankow und Vize-Fraktionschef. (za)

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