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Volksentscheid: Endspurt im Streit um die Wasserverträge

Am Sonntag sind die Bürger zum Volksentscheid über die Offenlegung der Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe aufgerufen. Ob dieser nötig ist, wird bis zum Schluss diskutiert.

Kurz vor Schluss fühlen sich die Unterstützer des Volksentscheids durch neue Recherchen bestätigt. Am Freitag hatte die Nachrichtenagentur dapd gemeldet, dass es im Gegensatz zu der vom rot-roten Senat vertretenen Position doch noch unveröffentlichte Verträge zu den Berliner Wasserbetrieben gebe. „Dieser Vorgang zeigt erneut, wie wichtig die Initiative der Initiatoren des Volksbegehrens Wasserbetriebe ist“, heißt es in einer Mail, die am Sonnabend unter den Unterstützern des Volksentscheids kursierte. Es sei unverständlich, wie Vertreter des Senats sagen könnten, alle Verträge zu den Berliner Wasserbetrieben seien bereits offengelegt.

Rund 2,4 Millionen Berliner sind am Sonntag zum Volksentscheid über die Offenlegung der Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) aufgerufen. Das landeseigene Unternehmen war 1999 von der damaligen CDU-SPD-Koalition teilweise verkauft worden. 49,9 Prozent der Anteile erwarben die Unternehmen RWE und Veolia. Seitdem stieg der Wasserpreis in Berlin drastisch an, nach Angaben der Bürgerinitiative seit 2001 um 35 Prozent. Er gehört inzwischen zu den höchsten in deutschen Großstädten.

Nach dem erfolgreichen Volksbegehren „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“, bei dem 2010 rund 280 000 gültige Unterschriften gesammelt wurden, soll jetzt über einen Gesetzentwurf der Initiative „Berliner Wassertisch“ abgestimmt werden. Dieser will die komplette Offenlegung der Verträge erzwingen.

Dagegen sieht der rot-rote Senat die Forderung bereits als erfüllt an, nachdem rund 700 Seiten der Vereinbarungen unter dem Druck des Volksentscheids im November ins Internet gestellt worden waren. Zugleich hält die Regierung den Entwurf der Initiative teilweise für verfassungswidrig. Dabei geht es insbesondere um eine Klausel, wonach alle nicht veröffentlichten Vertragsteile binnen eines Jahres unwirksam werden sollen.

Die knapp 1200 Abstimmungslokale sind heute von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Mit einem ersten Ergebnis wird gegen 20.30 Uhr gerechnet. Das Endergebnis soll gegen 23 Uhr bekannt gegeben werden.

In dem dapd-Bericht, den die Unterstützer des Volksentscheids nun als Beleg für ihre Sicht zirkulieren lassen, ist von „Hinweisen“ auf bisher unveröffentlichte Verträge die Rede, die „offenbar im Zusammenhang mit dem Geschäft“ stehen. Ein interner Bericht liste fünf Verträge aus dem Privatisierungsjahr 1999 auf, die bis heute nicht einsehbar seien. Der Bericht der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG nenne neben dem vom Senat veröffentlichten Konsortialvertrag auch einen „Nachgründungsvertrag“ aus dem Jahre 1999, der Kapitalerhöhungen und sogenannte Gewinnbezugsrechte regelt. Ein „Entnahmevertrag“ lege „Dividendenbezugsrechte“ fest, die dem Land zustünden.

„Wir wollen auch diese Verträge einsehen“, sagte Michel Tschuschke vom „Berliner Wassertisch“. Die Finanzverwaltung weist die Vorwürfe der Initiative zurück und verweist auf den Text des Volksentscheides, der nur die Offenlegung von Verträgen fordert, die „zwischen dem Land und den privaten Anteilseignern geschlossen worden sind“. Die jetzt genannten Verträge seien konzernintern. (mit dapd)

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