zum Hauptinhalt

Berlin: Wer raucht, bekommt nichts serviert

Senatorin hat Gesetzentwurf erneut verändert

Bedienung rein ins Raucherzimmer – Bedienung wieder raus aus dem separaten Raum für die Qualmer: Das Ringen um Ausnahmen beim geplanten Rauchverbot in Berlins Gaststätten verwirrt inzwischen selbst die gesundheitspolitischen Fachleute der Parteien. Gestern wurde bekannt, dass Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei/PDS) im fast fertigen Entwurf für das Nichtraucherschutzgesetz nun auch ein Servierverbot in den heftig umstrittenen Raucherzimmern vorsieht. Als sich die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hingegen vor zwei Tagen mit knapper Mehrheit für die künftigen Raucherrefugien in der Gastronomie aussprach, gingen ihre Mitglieder noch davon aus, dass dort bedient werden darf.

Die Senatorin hatte sich zwar schon mehrfach gegen einen Service in Raucherräumen ausgesprochen, aber bislang stand nichts dergleichen im Gesetzentwurf. Nun freut sich die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Stefanie Winde, über den überraschenden Schwenk, zumal sie selbst am liebsten überhaupt keine Raucherzimmer zuließe. „Mit der Möglichkeit, dort zu bedienen“, sagt sie, „wäre der angestrebte konsequente Nichtraucherschutz aber ganz verwässert worden“.

Aus Sicht der Gesundheitsexpertin von Bündnis 90/Grüne, Heidi Kosche, löst das Servierverbot das Kernproblem nicht. So lange das neue Gesetz separate Raucherzimmer neben den übrigen Gasträumen zulasse, sei eine vollständig rauchfreie Gastronomie nicht gewährleistet. Denn ihr Essen und Trinken dürfen die Raucher dorthin mitnehmen. Entsprechend oft würden die Türen auf- und zugehen und „Qualm in den Hauptraum ziehen“, rügt sie. Die Gesundheitsverwaltung will diesen „kleinen Kompromiss“ dagegen in Kauf nehmen.

Nach dem Gesetzentwurf dürfen die Raucherzimmer nicht direkt vom Haupteingang einer Gaststätte aus zugänglich sein. Vorgeschrieben sind „abgeschlossene“ Hinterzimmer. Sollte dies nicht zu verwirklichen sein, war anfangs noch eine Alternative vorgesehen – und zwar Räume, „die mit Lufttechnik vollkommen rauchfrei gehalten werden“. In diesem Falle hätten Raucher und Nichtraucher auch in weniger strikt getrennten Gasträumen nebeneinander sitzen können. Doch diese Ausnahme wurde gestrichen, „weil keine Anlage derart perfekt funktioniert“, heißt es in der Verwaltung.

Zugleich fügte man einen Satz in den Entwurf ein, der Bedienungsservice in Raucherräumen ausschließen soll: „Nebenräume für Raucher sind ... so zu benutzen, dass Gesundheitsgefährdungen für nichtrauchende Gäste und das Personal ausgeschlossen werden“. Eindeutiger könne man das Servierverbot nicht formulieren, sagt die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung Marie-Luise Dittmar. Denn es hänge eng mit dem Arbeitnehmerschutz zusammen, der in der Arbeitsstättenverordnung des Bundes geregelt ist. Darin wird allen Arbeitnehmern das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz zugesprochen – außer dem Gastättenpersonal. Dittmar: „So lange der Bund diese Ausnahme nicht streicht, bleibt unser Serviceverbot juristisch angreifbar.“

Die Gegner der separaten Raucherräume, darunter etliche Gastwirte, hatten unter anderem für eine radikale Lösung ohne Ausweichmöglichkeit für die Raucher plädiert, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Andernfalls seien Gastronomen mit den räumlichen Voraussetzungen für ein Hinterzimmer bevorzugt. Ohne Service sind die Qualmer-Refugien nun aber zumindest unattraktiver. Die Gesundheitsverwaltung will den Gesetzentwurf im Herbst ins Parlament einbringen. Von Seiten der SPD werde man an dem Text dann aber „nicht mehr rütteln“, hieß es gestern in der Fraktion.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false