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Müller und die Band "Storch Heinar", die Lieder gegen rechts sing.

© AFP

Landtagswahlen Mecklenburg-Vorpommern: Michael Müller macht Wahlkampf-Ausflug an die Ostsee

Berlins Regierender Bürgermeister ist in Warnemünde mit Erwin Sellering aufgetreten, der sich schon am Sonntag den Wählern stellen muss. Storch Heinar war auch dabei.

In unruhigen Zeiten muss es Konstanten geben, muss es Menschen geben, die einem irgendwie bekannt und vertraut erscheinen. Am Freitagabend beim Wahlkampfabschluss der SPD von Mecklenburg-Vorpommern am Leuchtturm von Warnemünde wird ein solcher Mensch mit dem großem Applaus bedacht und mit lautem Jubel, als er gegen 19 Uhr die Bühne betritt: Roland Kaiser...

Um diese Zeit steht da auch noch Michael Müller auf dem Podium, Berlins Regierender Bürgermeister, mit Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering. Müller hatte bei der Ankündigung des Moderators den kleinsten Beifall bekommen, aber Sigmar Gabriel brachte in seiner Rede den Regierenden charmant in Erinnerung, indem er sagte: "Lieber Michael, Berlin ist ja die Vorstadt von Warnemünde." Und manchmal seien hier mehr Berliner als Einheimische.

Müller als Wahlkampfhelfer und Wahlkämpfer

Das war ein guter Hinweis darauf, dass dieser kurze Abstecher aus seinem eigenen Wahlkampf durchaus Sinn machte für den Berliner Sozialdemokraten, nicht nur als Wahlkampfhelfer, sondern auch als eigener Wahlkämpfer, denn tatsächlich waren doch mehrere Dutzend Zuschauer aus der Hauptstadt anwesend, und jede Stimme zählt ja in diesen Zeiten, allerdings machten sie nicht gerade durch Beifall für Müller auf sich aufmerksam.

Aber es ging ja auch gar nicht um Berlin. Müller wusste, dass er hier nicht im Mittelpunkt zu stehen hatte, und er hielt sich daran. Immerhin durfte er ein bisschen aus der Rolle fallen und gemeinsam mit Schwesig T-Shirts der Kapelle "Storchenkraft" ins Publikum werfen. Müller, sagte der Bandleader, sei eine "rattenscharfe menschliche Wurfmaschine", wie auch immer er auf diesen Gedanken kam.

Aber auch dieser spontane Show-Akt passte in die Gesamtstrategie dieses Abends: Die AfD und die NPD, das war die Kernbotschaft der versammelten SPD-Prominenz, machen irgendwie gemeinsame Sache, und die SPD will das nicht zulassen. Storch Heinar ist nicht nur eine Band, die gegen rechts singt, sondern auch ein Modelabel, das wiederum die Mode der rechtsextremen Lieblingsmarke Thor Steiner auf die Schippe nimmt.

Müller jedenfalls ließ sich auf der Bühne nicht lange bitten, und redete über die Beziehung von AfD und NPD. Man wisse, wessen Geistes Kind die AfD sei, wenn diese ständig mit der NPD Absprachen treffen. Ausgrenzung, Abschottung, das Ausspielen von Minderheiten, das sei das Ziel der AfD, und diese Haltung habe auch die NPD. An dieser Stelle bekommt Müller den größten Applaus von einem Ferienpublikum, gemischt aus Familien, SPD-Anhängern und Urlaubern aller Art, die bei Bierchen oder Eis mal schauen wollen, was da vorne so passiert.

Müller richtet Worte an AfD-Wähler

Im Wahlkampf von Mecklenburg-Vorpommern gab es kaum große Veranstaltungen, die gestrige mit rund 400 Zuschauern gehörte schon zu den größeren.

Müller aber verlässt seine allgemeine ruhige und besonnene Linie auch nicht hier oben im Norden. Er tritt auf im offenen weißen Hemd, schwarzer Anzug, und wie immer wirkt er vor allem an der Seite der tänzelnden Manuela Schwesig mit den Händen in der Tasche ein wenig steif. Aber was er dann in ruhigen Worten sagt, kommt offenbar an beim Publikum, kein einziger Pfiff, keine Buh-Rufe, mehr als höflicher Applaus.

Müller sagt in Richtung AfD-Wähler: "Wer nur ausprobieren will, riskiert etwas." Es stehe dann viel auf dem Spiel, weil die Wirtschaft nur dort investiere, wo Deutschland offen und tolerant sei. Der Regierende hat hier den Auftrag, Sellering zu unterstützen, und daran hält er sich. Lobt dessen Wirtschaftspolitik, seinen Kurs, der die Arbeitslosigkeit halbiert hat, und kritisiert, ähnlich wie es Sellering tut, die Kanzlerin. Die Bundesländer könnten vieles schaffen, aber nicht nur aus eigener Kraft. Bei der Integration der Flüchtlinge dürfe der Bund die Länder deshalb nicht im Stich lassen. Integration dürfe aber auch nicht auf Kosten der Menschen gehen, die hier seit Jahrzehnten arbeiten und leben.

Müller bleibt meist sachlich wie es seine Art ist, anders als sein Bundesvorsitzender, der erst findet, dass nicht alle, die AfD wählen, zum braunen Sumpf gehörten, dann aber ein Sprichwort aus seinem Bundesland zitiert, das da lautet: "Nur die allergrößten Kälber wählen ihre Metzger selbst." Müller verzichtet auf diese indirekte Wählerbeschimpfung und mahnt stattdessen immer wieder auf die "Unterschiede zu achten", die es doch gebe. An dieser Stelle erlaubt sich Müller einen kurzen Schlenker nach Berlin, wo, wie er sagt, das "Top-Thema Wohnungsbau" sei. Die AfD aber wolle keine bezahlbaren Mietwohnungen, sondern wolle den Wohnungsmarkt der freien Wirtschaft überlassen.

Nur die SPD und die anderen demokratischen Parteien würden ernsthaft Lösungen suchen. Und: "Den Kompromiss suchen ist nichts Schlechtes", sagt Müller und meint, mit der AfD gebe es weder Kompromisse noch Lösungen, weil sie sich dem verweigere.

An diesem Sonntag wählt Mecklenburg-Vorpommern, am 18. September wählt Berlin. Die SPD hat schon in Rheinland-Pfalz mit der Parole gewonnen: Verlässlichkeit in unsicheren Zeiten garantiere nur der jeweils amtierende sozialdemokratische Regierungschef. Malu Dreyer hat es in Rheinland-Pfalz geschafft, Sellering und Müller sind ebenfalls schon an der Macht. Sie versprechen "klare Führung".

Mal sehen, wem die Wähler das dann zutrauen? Roland Kaiser hat da offenbar weniger Problem. Die Leute jubeln, wenn er kommt. Allerdings könnte es auch sein, dass sie nicht für die großen Mehrheiten stehen.

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