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Landwirtschaft: Rein mit den Kartoffeln

Mit dem Frühling wartet viel Arbeit auf Bio-Landwirt Stefan Schulz. Er hofft, dass die durchnässten Ackerflächen endlich trocknen

Müncheberg - In der Senke mit dem Tümpel hat Bio-Landwirt Stefan Schulz nach der Ernte im Herbst extra eine große Lücke zwischen den Strohballen gelassen. Vergeblich. Die gesamte Reihe der rund 30 Ballen steht auf nassem Ackerboden, Schulz kann sie nur noch wegwerfen. „So schlimm wie in diesem Jahr war es noch nie mit dem Wasser auf den Feldern“, sagt der 44-jährige Müncheberger, während er mit seiner schwarzen Labradorhündin Mara am Ackerrand entlanggeht. Was Schulz sich deshalb am meisten für seine Kartoffel-, Getreide-, Kleegras- und Lupinenfelder wünscht, ist ein warmer und nicht zu feuchter Frühling.

Ursache für das große Wasseraufkommen sind nicht nur die Schneeschmelze und die Regentage der letzten Woche, sondern besonders die langen Regenperioden im letzten Spätsommer und Herbst. Am dramatischsten ist die Situation im Oderbruch, doch auch an vielen anderen Stellen in Brandenburg und besonders in den Landkreisen Märkisch-Oderland und Oder-Spree haben sich große Teiche auf den Feldern gebildet, in denen Bäume stehen und Schwäne schwimmen. Zum Schutz der Höfe liegen rund um Müncheberg und Steinhöfel an manchen Stellen Sandsäcke an den Grundstücksgrenzen, an einigen dorfnahen Stellen hat die Feuerwehr das Wasser mittlerweile abpumpen können. „Eigentlich wollte ich, wo nun der Frost aus dem Boden ist, längst auf den Kartoffeläckern pflügen, aber es ist zurzeit noch zu nass“, sagt Schulz. Die Stellen, an denen sich jetzt noch große Wassermengen befinden, würden für die kommende Ernte ganz wegfallen.

105 Hektar bewirtschaftet Schulz rund um den Müncheberger Ortsteil Eggersdorf. Seit 15 Jahren bis vor kurzem unter einem Dach mit dem angrenzenden Biohof „Apfeltraum“, wo in den Kalthäusern unter Folie zurzeit zart und grün jede Menge Salate, Spinat, Radieschen, Lauchzwiebeln und Kohlrabi wachsen. Für die Bio-Abokisten, die auch nach Berlin an zahlreiche Haushalte geliefert werden. „In einigen Wochen geht es dann endlich los mit Zucchini, Kürbissen, Paprika und Tomaten“, freut sich „Apfeltraum“-Gärtnerin Annette Glaser auf die warme Jahreszeit. Nachbar Schulz arbeitet inzwischen als selbstständiger Kooperationspartner des Hofes. Aus seinem ökologischen Landbau liefert er für die Haltung der rund 30 Mutterkühe Futter und Stroh und erhält dafür Mist zum Düngen.

Auch ohne an diesen Tagen auf den Traktor steigen zu können, habe er genug zu tun, erzählt Schulz, als er die Ackerbesichtigung beendet und mit Hund Mara im Kofferraum Richtung Buchholz, einem Ortsteil von Steinhöfel, fährt. Hier hat der studierte Landwirt aus der Nähe von Dresden weitere Ackerflächen und Hofräume für den Kartoffelanbau gepachtet. Drei Mitarbeiter sind in der Scheune gerade damit beschäftigt, kleine hellbraune Pflanzkartoffeln der Sorte Linda zu sortieren und in Kisten zu füllen. Dann werden die Knollen mit Ackerschachtelhalmtee besprüht, der vor Pilzbefall schützen soll. Fünf Tage brauchen Schulz und seine Männer für die 20 Tonnen Saatkartoffeln, dann sollen die Knollen drei Wochen in einem zeitweise beheizten Folienzelt vorkeimen, bevor sie gepflanzt – der Landwirt sagt „gelegt“ – werden.

Bis zu 200 Tonnen Kartoffeln liefert Schulz jährlich an den Berliner Naturkost-Großhändler Terra. Der Ertrag von seinen 30 Hektar mit Winterroggen und -dinkel geht an die Öko-Bäckerei „Märkisches Landbrot“. Wie viel es in diesem Jahr sein wird, kann Schulz noch nicht abschätzen. „Die Auswinterungsschäden beim Getreide sehe ich erst, wenn es wärmer wird“, sagt Schulz. Da es in den letzten Monaten oft Wechselfröste – das heißt nachts Frost, tagsüber aber Plustemperaturen – gab, könnten Pflanzen zu Schaden gekommen sein.

Und bei allen Verheißungen des Frühlingsbeginns macht Schulz sich nicht nur darüber Gedanken. Zwar kommt er als Bio-Landwirt einigermaßen über die Runden, aber die Konkurrenz ist groß und wächst. Und der Kampf tobt nicht nur um Preise, sondern auch um Flächen. Denn riesige Felder werden mittlerweile zur Aufzucht sogenannter Energiepflanzen wie Mais und Raps für die Verwertung in großen Biogasanlagen genutzt. Ein ganzer Industriezweig außerhalb des bäuerlichen Berufs entsteht und viele vor allem kleinere Landwirte können die stetig wachsenden Ackerflächenpreise nicht mehr bezahlen. „Überall schießen neue Biogasanlagen aus dem Boden, die Entwicklung ist vollkommen pervertiert“, kritisiert Schulz. Der Anbau von Energiepflanzen in Konkurrenz zu Pflanzen zur Lebensmittelherstellung sei zudem eine ethische Frage. Erst als ihm eine weiß-braune Hofkatze schnurrend um die Beine streicht und er sich hinunter beugt, um sie zu streicheln, beruhigt er sich wieder etwas.

Dass es auch in den nächsten Tagen wärmer und freundlich sein soll, stimmt Schulz, auf dessen Hof schon das erste Grün und Knospen sprießen, jedenfalls froh. Denn „wie das Wetter am Frühlingsanfang, so ist es den ganzen Sommer lang“. So lautet zumindest eine alte Bauernregel.

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