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MoMa-Gefühl, und das bei der Kälte: Der Andrang war am Sonnabend schon früh sehr groß bei der wiedereröffneten Sammlung Berggruen.

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Lange Schlange zum Auftakt: Andrang bei Berggruen fast wie zu MoMa-Zeiten

In bester Stimmung nahmen die Berliner am Sonnabend in Scharen ein Juwel der Museumslandschaft in Besitz - das wiedereröffnete Museum Berggruen. Das ganze Viertel entwickelt sich zu einem attraktiven Kunstquartier

Warten in der Kälte? Ach, das war in der herrlichen Sonne kein Problem. Am besten hatten es die Pünktlichen. Als im Stülerbau um exakt 10 Uhr die Türen geöffnet wurden, verschwand die Schlange schnell im Gebäude, binnen weniger Minuten war man drin. Wer später kam, musste länger stehen, denn nun war das Haus erstmal voll.

Der Tag der Offenen Tür im neu eröffneten Museum Berggruen zog die Besucher in Scharen an, wie immer, wenn etwas neu und dazu noch umsonst ist. Und es lohnte sich. Nach zwei Jahren Umbauzeit glänzen die nunmehr zwei Häuser – zum Stülerbau ist das Kommandantenhaus hinzugekommen – mit 28 schönen Ausstellungsräumen. Die Gebäude verbindet eine sonnendurchflutete Passage aus Glas und Stahl.

Dies ist eine Massenveranstaltung der gehobenen Art. Kultiviertes Publikum in bester Laune und freudiger Erwartung, drinnen dann endlich die Befriedigung der Neugier. Wen man auch fragte, Begeisterung war die Antwort. „Ich bin sprachlos über die Fülle und Qualität der Sammlung“, sagt etwa Barbara von Bechtolsheim. „Auch die Qualität der Hängung, die Komposition der Werke, das ist alles richtig liebevoll gemacht.“ Auch kleineren Bildern werde genügend Platz gegeben, um zu wirken. „Und die exquisite Rahmung! Das hebt den Charakter des Privaten, mit Herzblut Gesammelten.“

Einige Besucher heben auch hervor, wie gut das Verhältnis Berlins zu den Erben Berggruens sein müsse, denn zwischen den Werken, die das Land Berlin angekauft hatte, sind auch viele Leihgaben zu sehen. „Ich bin überwältigt“, sagt auch Michael Thomas, dem es dann aber doch gelingt, noch einen kleinen Kritikpunkt zu finden. Er steht vor Paul Klees „Dächerblume“ und kann nichts erkennen. Das Museumsglas reflektiert – ein kleiner Makel, geschenkt.

Allein von Picasso sind rund 90 Werke zu sehen, der ganze Stülerbau ist ihm gewidmet. Im Kommandantenhaus sind die Räume kleiner und die Wände sehr dick, aber den kleinformatigeren Werken, die hier hängen, schadet das nicht. Einzig ein Café fehlt, um einmal Pause zu machen und die Eindrücke wirken zu lassen.

Einen Kaffee bekommt man in den kleinen Lokalen im Kiez oder einfach gegenüber: Dort befindet sich die Sammlung Scharf-Gerstenberg, in deren Foyer ein kleines Café ist. Das erlaubt Besuchern, die vom Magneten Berggruen angezogen werden, auch gleich einen erweiterten Blick. Denn die Schlossstraße hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Museumsmeile entwickelt. Und diese Ballung lockt Touristen an. Scharen von Italienern und Spaniern pendeln Tag für Tag vom U-Bahnhof am Sophie-Charlotte-Platz dem Schloss entgegen. Top-Anlaufpunkt ist für sie zwar immer noch die Museumsinsel mit Pergamonaltar und Nofretete, aber der Zille-Kiez mit dem imposanten Schloss an der Stirnseite wird zusehends attraktiver.

Die Sammlung Scharf-Gerstenberg etwa zeigt Werke der Surrealisten und ihrer Vorläufer – das Spektrum reicht von Piranesi, Goya und Redon bis zu Dalí, Magritte, Max Ernst und Dubuffet. Direkt neben dem Museum Berggruen liegt das Bröhan Museum. Karl H. Bröhan schenkte seine Sammlung 1981 der Stadt; seit 1983 bezog sie ihre Räume in einem spätklassizistischen Gebäude neben dem heutigen Museum Berggruen. Dort gibt es Kunsthandwerk und bildende Kunst aus Jugendstil, Art Déco und Funktionalismus zu sehen. Unter dem Titel „Avantgarde für den Alltag“ sind dort noch bis 20. Mai Werke jüdischer Keramikerinnen aus der Zeit von 1919 bis 1933 zu sehen.

Zur Langen Nacht der Museen öffnete das Bröhan-Museum ebenso wie die Abguss-Sammlung Antiker Plastiken gegenüber. Die Sammlung wurde 1696 gegründet; man kann von allen Exponaten Gipsabgüsse kaufen. Etwas weiter die Straße hinunter lädt die sanierte Villa Oppenheim ein, auch sonntags von 11 bis 17 Uhr; derzeit steht die Ausstellung „Zensur und Willkür. Das Werk Heinrich Zilles im Nationalsozialismus“ im Mittelpunkt. Und ein paar Schritte weiter hat ein kleines Haus wie das Keramikmuseum geöffnet, sonntags ab 13 Uhr. Eines von vielen Museen im Kiez, die zum Erkunden einladen. Nur so sonnig wie gestern soll’s heute nicht mehr werden.

Fatina Keilani

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