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Berlin: Leben, eine Kirschblüte lang

Doris Dörrie dreht in Berlin ihren neuen Film

Einmal noch solle er für sie tanzen, sagt die grauhaarige Frau. „Einmal noch, Tadeshi, damit ich weinen kann.“ Tadeshi, der Mann mit dem weiß geschminkten Gesicht, tritt auf die Bühne. Die Augen der Frau lassen ihn keine Sekunde los, als seine Füße beginnen, den Boden zu massieren und sein Oberkörper sich hin- und herwiegt.

„Und aus“, ruft eine Stimme und taucht auf aus dem Dunkel: Große Frau, weite Pluderhosen, blondes kurzes Haar, Kamera in der Hand – Doris Dörrie , Drehbuchautorin und Regisseurin. Dienstag war sie im Acud-Kunstverein in Mitte, um dort eine der Szenen ihres neuen Films „Hanami“ zu drehen. Anfang 2008 soll er in die Kinos kommen, erzählt wird die Geschichte eines Paares – Trudi, gespielt von Hannelore Elsner , und Rudi, den Elmar Wepper darstellt. Die beiden sind in die Jahre gekommen, ihre Liebe ist es auch. Rudi ist schwer krank, Trudi will mit ihm eine letzte Reise machen. Sie fahren nach Berlin, zu ihren Kindern, sitzen eine Weile in deren Leben herum, wie sperrige Gegenstände, um die man mühsam herumwischen muss, fahren dann weiter an die Ostsee. Dort stirbt Trudi, die Gesunde, und ihr Mann bleibt am Leben, so als hätte sich der Tod verguckt und nach der Falschen gegriffen. Dazu noch nach einer, die vieles ungelebt ließ, ihre Sehnsucht nach Japan etwa, ihren Wunsch, Butou, den japanischen Ausdruckstanz, zu erlernen. Und so reist Rudi nach Japan und nimmt die Spur von Trudis verpasstem Leben auf.

Einen Mann zu spielen, der sich so alt noch wandele, das mache den Reiz der Rudi-Rolle aus, sagt Wepper. Dass man im Alter zur Steifheit neige, das kenne er auch von sich selbst. Elsner dagegen weist das Thema Alter von sich: „Hanami“ handle nur von der Liebe, zeitentrücktes ewiges Thema, und dass ihre Haare nur zu Filmzwecken grau schimmern, das flicht sie immer wieder ein in die Gespräche, so dass man am Ende vor allem eines sicher weiß: Hannelore Elsner ist noch nicht ergraut, Gott sei Dank.

Im Film ist sie es, und in der Szene, die am Dienstag im Acud gedreht wurde, empfängt sie vom Butou-Tänzer Tadeshi Endo einen letzten Gruß aus einer Welt, die ihre hätte sein können. Genau davon, von der Vergänglichkeit und dem Moment zwischen Zugreifen und Verpassen, will Doris Dörrie erzählen in ihrem Film, der zu Deutsch „die Kirschblüte anschauen“ heißt. In Japan tut man das; da bekommt der Moment der Betrachtung einen Namen, denn sie blüht nur zwei Wochen, ebenso schön wie schnell verschwunden, tausendfach fotografiert, in einem Versuch das Vergängliche zu fixieren. Doris Dörrie versucht das auch: Letzter Tanz, ein Blick noch, Moment vorbei – nur die Kamera hält noch fest. rik

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