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Berlin: Lebensgefährliche Stiche: 13-Jähriger gesteht Tat

Der Junge ist wegen seines Alters strafunmündig. Das 21-jährige Opfer wäre beinahe verblutet.

Berlin - Wahrscheinlich war es nur eine Kleinigkeit, an der sich der Streit zweier Gruppen im Freizeitpark Marienfelde entzündete. Doch am Ende lag ein 21-Jähriger mit einer lebensgefährlichen Stichwunde im Bauch auf dem Boden und wäre fast gestorben. Das geschah Anfang September dieses Jahres. Nun hat die Polizei einen Tatverdächtigen ermittelt: Es ist ein 13-jähriger Junge. Er habe ein umfangreiches Geständnis abgelegt, hieß es.

Doch die Ermittler der Operativen Gruppe Jugendgewalt (OGJ), die bei der Polizei auf Jugendstraftaten spezialisiert sind, scheinen selbst ein wenig überrascht über den Fall und wie es dazu kommen konnte. Denn der Junge ist bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Von einer kriminellen Karriere, die – wie in manch anderen Fällen von Ermittlern als „vorgezeichnet“ beschrieben wird, – könne in diesem Fall überhaupt keine Rede sein. Laut einem Ermittler soll es eher der „falsche Freundeskreis“ gewesen sein, der dazu führte, dass die Lage am Ende eskalierte.

Die Polizei hält sich bedeckt mit Angaben zu den Hintergründen, weil es offiziell zu tatverdächtigen Kindern aus Gründen des Schutzes keine Auskünfte gibt. Doch so viel wurde bekannt: Der 13-Jährige war am 7. September mit einer Gruppe von Freunden im hügeligen Freizeitpark Marienfelde, der auf einer ehemaligen Müllkippe errichtet worden ist, unterwegs. Die Anlage ist auch beliebt bei Skatern und Bikern. Hier soll es zwischen einer Jugendgruppe um den 13-Jährigen und einer anderen Gruppe, zu der das spätere Opfer gehörte, zum Streit gekommen sein. Offenbar ging es darum, dass einer der Jungen sich auf das Rad eines anderen gesetzt hatte. Die Auseinandersetzung eskalierte am Abend, mittlerweile war es 22 Uhr, so sehr, dass der 13-Jährige dem 21-Jährigen in den Oberkörper stach. Warum er ein Messer dabei hatte, blieb unklar.

Juristische Folgen muss der Junge aber nicht fürchten. Weil er jünger als 14 Jahre ist, gilt er laut Gesetz als schuldunfähig. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein, das wegen versuchter Tötung geführt wird. „Bei Kindern findet keine Strafverfolgung statt“, betont der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Junge wurde nach dem Geständnis wieder seinem erziehungsberechtigten Vater, bei dem er lebt, übergeben.

Damit wird zwar bei der Justizbehörde die Akte geschlossen. Jetzt werden aber andere Behörden aktiv: etwa das Jugendamt. Denn die Polizei und Justiz haben bei kriminellen Kindern eine Mitteilungspflicht dem Jugendamt gegenüber. Die Sachbearbeiter werden mit der Familie des Kindes Gespräche führen. Gibt es Anzeichen für Erziehungsdefizite oder gar Verwahrlosung, muss das Familiengericht eingeschaltet werden. Im schlimmsten Fall kann dies entscheiden, dass der Minderjährige aus der Familie genommen wird und in eine Betreuungseinrichtung kommt.

Dass Kinder so schwere Gewalttaten begehen, komme allerdings „äußerst selten vor“, sagen Ermittler. Insgesamt mache der Anteil der tatverdächtigen Kinder nur einen geringen Prozentsatz aus. Im Jahr 2012 waren es laut Kriminalstatistik 3,6 Prozent, oder anders gesagt: 4664 Taten wurden von Kindern verübt – dazu zählen aber alle Delikte: vom Kaugummidiebstahl bis zur versuchten Tötung.

Die Strafunmündigkeit von Kindern nutzen immer wieder Trick- und Taschendiebstahl-Banden aus. Sie setzen Minderjährige gezielt für die Taten ein, weil sie wissen, dass im Fall einer Festnahme nichts passieren kann, außer dass das Jugendamt eingeschaltet wird und die Täter zum Kindernotdienst gebracht werden. Doch dort verschwinden sie oft wieder schnell.Tanja Buntrock

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