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Christian Weitzmann, 31 Jahre, ist der Herr in der blauen Weste, Rechtsanwalt - und Rettungsschwimmer. Am Wannsee trägt er als Einsatzleiter beim Roten Kreuz die Verantwortung.

© privat

Lebensretter im Interview: "Wir bekommen Ertrinkende immer heil aus dem Wasser"

Wenn alle baden, hat er zu tun: Christian Weitzmann ist ehrenamtlicher Rettungsschwimmer auf dem Wannsee. Dabei erlebt er Badeunfälle hautnah.

Herr Weitzmann, wenn Sie einen Menschen ertrinken sehen, zählt da jede Sekunde?

Wir bekommen beigebracht, immer zuerst fünf Sekunden durchzuatmen und dann den Notruf abzusetzen. Erst dann gehen wir ins Wasser. Ertrinkende entwickeln in ihrer Stresssituation ungeheure Kräfte. Es können selbst Kinder einen ausgebildeten Rettungsschwimmer unter Wasser ziehen. Im Normalfall sind wir trotzdem in der Lage, innerhalb von zwei Minuten da zu sein, wenn wir die betroffenen Person sehen. Die bekommen wir immer heil aus dem Wasser, das ist Handwerk.

Und wer unbemerkt untergeht, hat kaum Überlebenschancen?

Ganz so kann man das nicht sehen. Wir haben bei warmen Wassertemperaturen bis zu 45 Minuten nach dem Ertrinken die Chance einer Reanimation. Allerdings müssen wir die Personen im Wasser eben finden, was das Schwierigste ist.

Damit hängen Sie dann von den Angaben der Beobachter am Ufer ab?

Ganz genau. Präzise Ortsangaben sind sehr wichtig für uns. Wir suchen im Zweifel immer, auch wenn nicht sicher ist, ob eine vermisste Person im Wasser ist. Einmal ist uns bei Gatow in der Havel passiert, dass wir zwei Stunden lang mit Booten alles abgesucht haben, weil ein verlassenes Handtuch abends noch an der Badestelle lag. Dabei saß die gesuchte Person überm Ufer beim Italiener und hat uns zugesehen. Das war Zeitverschwendung.

Jetzt gab es innerhalb der letzten Woche sechs Tote in Berlin und Umgebung. Beunruhigt Sie das nicht?

Eigentlich nicht. Das ist immer saisontypisch. Die Zahlen steigen mit der Masse an Badegästen an heißen Tagen. Die tödlichen Fälle sind meist kreislaufbedingt. Wenn man etwa einen Herzinfarkt bekommt, geht man einfach unter, ohne sich bemerkbar machen zu können. Herzinfarkte sind im Wasser übrigens nicht einmal wahrscheinlicher als an Land, nur eben viel gefährlicher. Ein weiteres auffälliges Problem in Berlin ist das viele Trinken von Alkohol beim Baden. Betrunken kann man einfachste Situationen im Wasser nicht mehr meistern. Die Mehrzahl unserer Einsätze ist nachmittags und abends – und sehr oft haben die Leute etwas intus.

Stimmt es eigentlich, dass Kinder immer schlechter schwimmen?

Ja, das ist mein Eindruck. Zu uns kommen die Eltern von Zehnjährigen, die nicht schwimmen können. Das ist verbreitet. Normalerweise sollten Sechsjährige ausreichend schwimmen können.

Das Interview führte Tassilo Hummel.

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