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Berlin: Leckerbissen am Plattenteller

Immer mehr Clubs wagen den Ausflug in die Gastronomie und servieren ihren Gästen außer Musik auch Mahlzeiten

Mit leerem Magen lässt sich nicht gut arbeiten. Zu dieser Erkenntnis sind die Betreiber des Sternradios gekommen. Seit sieben Jahren residiert der Club im Haus des Reisens am Alexanderplatz. Das Problem: Außer einigen Fastfood-Restaurants gibt es für die Mitarbeiter im näheren Umfeld keine Cafés oder Restaurants, in denen sie mittags gut speisen oder sich auf einen Kaffee hinsetzen können. Deshalb eröffnet das Sternradio nun sein eigenes Clubcafé.

„Wir wollen einen Anlaufpunkt für junge urbane Menschen schaffen“, sagt Karin Mertin, Mitarbeiterin des Sternradios. Die Idee zum Café lag nahe, Clubbetreiber Till Mields ist gelernter Koch mit internationaler Erfahrung. Einen Teil der angebotenen Speisen, Tagessuppen und warme Snacks, wird er künftig selbst zubereiten, vor allem aus regional angebauten Bioprodukten. Auf der Karte wird italienisch-rustikale Küche stehen.

In Berlin setzen immer mehr Clubs auf erweiterte Gastronomie. Längst wollen Nachtschwärmer, insbesondere die Umdiedreißigjährigen, nicht mehr nur einen Drink am Rande der Tanzfläche zu sich nehmen, sondern vorher auch einen Happen essen. Am liebsten in angenehmer Atmosphäre. Dieser Wunsch hat ein völlig eigenständiges Konzept hervorgebracht: den sogenannten Dinnerclub.

Einer der Vorreiter ist Jesko Klatt mit seinem „Clubsizerestaurant“ an der Köpenicker Straße in Kreuzberg. Im Spindler & Klatt kann man schon vor dem regulären Partybetrieb einen Tisch buchen, oder vielmehr: ein Bett. Denn in dem aufwendig mit Gazen dekorierten Container der ehemaligen Heeresbäckerei wird das Menü vorzugsweise liegend genossen. Panasiatische Küche mit europäischen Einflüssen wird hier serviert, clubbige Loungemusik inklusive. Auf dem Menü stehen Saté-Spieße, koreanisches Kalbsrückensteak und Rum-Mango-Sorbet. Wer das nicht in der Horizontalen zu sich nehmen kann, ohne sich zu bekleckern, darf auch an einem der langen dunklen Tische Platz nehmen. Der geübte und vielleicht auch coolere Besucher bevorzugt natürlich eins der hellen Kingsizebetten.

Ähnliche Modelle stehen auch im Bangaluu an der Invalidenstraße in Mitte. Wer den komplett in Weiß gehaltenen Raum in der oberen Etage der ehemaligen Postschalterhalle betritt, muss zunächst seine Schuhe ausziehen. Kalte Füße bekommen die Besucher dank des flauschigen Teppichbodens dennoch nicht. Allerdings müssen sie sich für den Abend Zeit nehmen, serviert werden zehn Gänge. „Flying-Fingerfood-Menü“ nennt der Küchenchef das. Im Einzelnen sind das unter anderem Falafel, ein Steinpilzrisotto und eine Waldbeertarte. Zwischen den einzelnen Gängen können sich die Gäste einen speziell ausgebildeten Masseur ans Bett rufen – oder sich Tarot-Karten legen lassen.

Die Zukunft können die Besucher des Solar an der Stresemannstraße in Kreuzberg in den Sternen lesen. Den Himmel haben sie durch die großen Fensterfronten ganz gut im Blick. Die Restaurantlounge befindet sich in der 16. Etage eines unscheinbaren Hochhauses; mit einem gläsernen Lift gelangt man dorthin. Die untere Etage des Solar dient vornehmlich als Restaurant. An dunklen Tischen sitzend genießen hier die Gäste deutsche Küche mit italienischem Einfluss. Währenddessen leuchtet vor ihnen das Panorama der Stadt. Über eine Wendeltreppe gelangt man in den oberen Bereich des Solar. Dieser wurde als Bar beziehungsweise Lounge ausgebaut. Oft treten hier Livebands auf, so spielt am Sonnabend ab 23 Uhr beispielsweise die Downbeat-Formation Vielflieger. „Wir verstehen uns nicht als Club im klassischen Sinne, sondern eher als Lounge mit anspruchsvollem Live-Programm“, sagt Betreiber Rik Verweyen.

Ganz anders der Rodeo Club hinterm ehemaligen Postfuhramt an der Oranienburger Straße in Mitte. In den opulenten Räumen wollen die Gäste durchaus auch tanzen, auf das kulinarische Programm aber ebenso wenig verzichten. Für die Menüs ab 20 Uhr müssen sich die Gäste per SMS vorab anmelden. Später, ab halb drei, wird ihnen ein Nachtsnack serviert. Erschöpfte Tänzer können sich etwa zwischendurch mit Chili con Carne stärken, kostenlos und soviel der Magen verträgt.

Ein gastronomisches Nachtangebot ist im Sternradio vorerst nicht vorgesehen. Das neue Café, das am 1. Februar startet, soll täglich zwischen 9 und 20 Uhr geöffnet sein. „Wir wollen das erst mal langsam angehen“, sagt Karin Mertin. Für ein Rundumprogramm sei der Club zu klein. Dafür werden die Besucher im Sommer tagsüber auch draußen sitzen können – abgeschirmt hinter der alten, zum Sichtschutz umfunktionierten Wabenfassade des Kaufhofs.

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