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Start ins Berufsleben. Am 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Auch jetzt werden noch viele Lehrstellen von Senat und Arbeitsagenturen gefördert.

© Kitty Kleist-Heinrich

Lehrstellen: Ausbildungswillige Chefs in Berlin gesucht

Bald beginnt das Ausbildungsjahr: Obwohl viele Unternehmen dringend Azubis brauchen, fehlen weiterhin betriebliche Lehrstellen in der Stadt. In vielen Fällen passen die Angebote nicht zu den Bewerbern.

Es klingt paradox: Noch nie in den vergangenen Jahren haben Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer so laut geklagt wie jetzt, dass Lehrstellen nicht besetzt werden können. Gleichzeitig bieten die Arbeitsagenturen und der Senat 3400 Stellen in der außerbetrieblichen Ausbildung an, um allen Jugendlichen eine Chance zum Einstieg ins Berufsleben zu geben. „Es gibt noch keine Entwarnung auf dem Ausbildungsmarkt“, sagt Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke). Das Missverhältnis sei darauf zurückführen, dass in vielen Fällen die Angebote nicht zu den Bewerbern passten. Einer Bewerberin etwa, die eigentlich Erzieherin werden möchte, sei mit einer Ausbildung zur Bäckerin nicht geholfen. Das zeigt sich auch in der Abbrecherquote bei der Ausbildung, die laut dem Unternehmensverband UVB in Berlin überdurchschnittlich hoch bei 28 Prozent liegt. Insgesamt sollen in diesem Jahr 19 000 Ausbildungsverträge – einschließlich der öffentlich geförderten – geschlossen werden, noch fehlten 600 Stellen. Die Unternehmen müssten weitere Lehrstellen anbieten, sagt Bluhm. Auch in Hinblick darauf, dass für die Region bis 2030 ein Defizit von 460 000 Fachkräften prognostiziert wird. Erik Benkendorf, Sprecher der Regionaldirektion für Arbeit, sagt: „In Berlin und Brandenburg werden nicht wie in anderen Bundesländern mehr Ausbildungsplätze angeboten, als es Bewerber gibt.“

In der Statistik der Arbeitsagenturen sind zum Stichtag 31. Juli noch mehr als 6200 Lehrstellensuchende verzeichnet bei 3800 offenen Stellen. Allerdings ist die Aufstellung nur bedingt aussagekräftig, da sich weder Bewerber noch Unternehmen dort melden müssen, außerdem werden in den letzten Wochen vor Beginn des Ausbildungsjahres viele Verträge geschlossen. Aber die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage sei aufgrund sinkender Schülerzahlen kleiner geworden, sagt Benkendorf. Der Senat will jetzt deswegen sukzessive die einjährigen Qualifizierungen in den Berufsfachschulen zurückfahren, da duale Berufsausbildung Vorrang hat.

Bei der Handwerkskammer waren am Dienstag noch 284 Plätze nicht besetzt – quer durch alle Branchen. Unternehmen können nicht mehr wie in den Vorjahren aus einer Vielzahl von geeigneten Bewerbern auswählen. Deswegen gehen sie auch vermehrt auf die Jugendlichen zu und greifen zu ungewöhnlichen Mitteln. Am morgigen Donnerstag lädt die Kammer etwa Jugendliche zu einem sogenannten Speed Dating, bei dem sich im 15-Minuten-Takt Bewerber und Arbeitgeber kennenlernen können. Auch können bei der Internet-Lehrstellenbörse Jugendliche jetzt ihr Profil einstellen (www.lehrstellenboerse.hwk-berlin.de), bisher war dieser Service den Arbeitgebern vorbehalten. Inzwischen stellen aber einige Betriebe auch Jugendliche ein, die früher aufgrund fehlender Qualifikationen keine Chance gehabt hatten. Handwerkskammersprecher Wolfgang Rink weist darauf hin, dass manche Betriebe ihre Lehrlinge gezielt durch Nachhilfe unterstützen.

Nicht immer geht es direkt um einen Ausbildungsplatz. Bei dem vom Senat geförderten Modellprojekt „Gemeinsam schaffen wir das!“ erhalten Jugendliche, die normalerweise nicht vermittelbar gewesen wären, bei der Berliner Stadtreinigung, der Gegenbauer GmbH und der Dr. Sasse AG die Möglichkeit, im Bereich Stadt-, Grünflächen- und Gebäudereinigung zu arbeiten. Die BSR beispielsweise ist von dem Projekt überzeugt und will jetzt weiteren 15 Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten dort eine Chance geben.

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