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Berlin: Leichter Aufschwung

Erstmals seit drei Jahren wächst die Wirtschaft in Berlin – und das Land nimmt mehr Steuern ein

Zum ersten Mal seit drei Jahren wächst die Berliner Wirtschaft wieder. Im ersten Halbjahr 2004 sei das Bruttoinlandsprodukt um 0,8 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Landesamt gestern mit. Das ist ein bescheidener Erfolg: Im Vergleich zu den anderen Bundesländern hat Berlin, gemeinsam mit Brandenburg, immer noch die geringste Wachstumsquote: Bayern und Sachsen liegen in dieser Hinsicht mit 2,3 Prozent weit vorn. Von einer großen Trendwende in der Hauptstadt mag auch die Wirtschaftsverwaltung des Senats noch nicht sprechen. „Und leider schlägt die wachsende Wirtschaftskraft nicht auf den Arbeitsmarkt durch“, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde.

Immerhin kann Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Früchte der leicht verbesserten Wirtschaftslage in diesem Jahr ernten. Aus der Gewerbesteuer wurden von Januar bis August 2004 rund 85 Millionen Euro mehr eingenommen als im gleichen Zeitraum 2003. „Die gesamten Steuereinnahmen, inklusive Länderfinanzausgleich, lagen in den ersten acht Monaten sogar um 200 Millionen Euro über dem Vorjahr“, sagte der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck. Jahrelang habe Berlin hohe Steuerausfälle verkraften müssen. „Dieser Trend ist offenbar gestoppt.“

Welche Branchen tragen das ungewohnte Wirtschaftswachstum in Berlin? Es sind vor allem das verarbeitende Gewerbe (mit drei Prozent Wachstum im ersten Halbjahr), das von den zunehmenden Exportaufträgen profitiert. Wachstumsträger sind auch der Handel, Hotels und Gaststätten, die Verkehrsbranche und wirtschaftsnahe Dienstleistungen. Die vielen Touristen, die nach Berlin strömen, helfen der Stadt ein wenig auf die Beine. Aber das Baugewerbe, Banken und Versicherungen schwächeln, der öffentliche Dienst schrumpft und die Zahl der Beschäftigten geht weiter zurück. Berlin hat fast 300 000 Arbeitslose.

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Kai Wegner warnte den Senat gestern davor, angesichts der neuen, positiven Zahlen in Euphorie zu verfallen. Das neue Wirtschaftswachstum in Berlin sei erfreulich, bleibe aber um ein Prozent hinter dem bundesweiten Wachstum (1,8 Prozent) zurück. „Es fehlt in der Hauptstadt immer noch ein wirtschaftsfreundliches Klima“, sagte Wegner. Die Verwaltung sei zu bürokratisch, die Tarife und Gebühren zu hoch. Im Juni haben der Senat und die Wirtschaftsverbände eine „Wachstumsinitiative“ vereinbart. Zur gemeinsamen Strategie gehören: Die Fusion mit Brandenburg, die Imagepflege im Ausland, der Großflughafen in Schönefeld und der Ausbau der Verkehrswege gen Osten, die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Haushaltskonsolidierung und die Modernisierung der Verwaltung. za

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