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Berlin: Leichtes Spiel für Verkehrssünder

Zahl der Straftaten am Steuer hat sich seit 2002 halbiert. Gewerkschaft: Folge gesunkener Kontrolldichte

Die Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr nimmt immer mehr zu – doch die Polizei erwischt immer weniger Sünder. Einen Tag, nachdem die Polizei die Unfallbilanz vorstellte und sich über die gesunkene Moral von Autofahrern beklagte, sind neue Zahlen aus der Polizeistatistik bekannt geworden – und diese sind alarmierend: So sank die Zahl der festgestellten Straftaten im Verkehr von 2002 bis 2006 um mehr als die Hälfte. Natürlich sind Berlins Autofahrer nicht gesetzestreuer geworden, sie werden nur nicht mehr kontrolliert. Die Zahlen im Einzelnen: So erwischten Berliner Beamte im Jahr 2002 noch 4552 betrunkene Fahrer. 2006 waren es nur noch 2488. Beim „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ sank die Zahl der ertappten Sünder von fast 9000 auf 4143. Auch unversicherte Fahrzeuge wurden immer weniger entdeckt: Statt 7134 im Jahr 2002 waren es im Jahr 2006 nur knapp 3000.

Der CDU-Polizeiexperte Peter Trapp kommentierte die Zahlen ganz lapidar so: „Wenn kein Polizist auf der Straße ist, kann man auch nichts mehr feststellen.“ Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) machte den Personalmangel für die gesunkene Kontrolldichte verantwortlich. Der Chef der Verkehrspolizei sagte dagegen, dass die Autofahrer beim Alkohol „vernünftiger geworden sind“, dies sei bundesweit zu beobachten. Dass weniger Fahrer ohne Führerschein oder Versicherung erwischt wurden, lasse sich jedoch nur mit „weniger oder weniger guten“ Kontrollen erklären, räumte Klang ein.

Die technische Ausstattung der Polizei hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So stieg die Zahl der Lasermessgeräte von 20 auf 68. Nach Gewerkschaftsangaben fehle jedoch das Personal, um diese Geräte auch einzusetzen. Seit Jahren seien immer mehr Beamte durch Demos, Staatsbesuche und bei der Terrorabwehr gebunden – gleichzeitig gab es viele Pensionierungen, aber keine Neueinstellungen. Im vergangenen Jahr kam die Fußball-WM hinzu. All dies führte und führt zu weniger Verkehrskontrollen, sagte ein Beamter. Eine Polizistin der Spandauer Direktion 2 sagte, dass Autofahrer nur noch angehalten würden, „wenn sie auf der Heerstraße alle drei Spuren brauchen“.

Nach Angaben der GdP sollen jetzt sogar zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei aufgelöst werden – das sind die Beamten, die zum Beispiel bei Großkontrollen eingesetzt werden. Nach Angaben eines Polizeisprechers seien die Stellen dieser Bereitschaftspolizisten derzeit ohnehin nicht mehr besetzt und können deshalb entfallen. Derzeit haben alle Dienststellen den Auftrag, zu forschen, wo noch Personal gespart werden kann. So sollen die Folgen des Personalmangels „optimiert“ werden. Ziel sei es, besonders für die Abschnitte neues Personal zu finden, dort, wo der Bürger es am dringendsten brauche. Überlegt wird zudem, anderen Hundertschaften in Werktagsnächten oder am Wochenende vormittags dienstfrei zu geben. Der Chef der GdP, Eberhard Schönberg, kritisierte dies als „Notverwaltung“.

Zumindest an diesem Wochenende müssen sich leichtsinnige Autofahrer aber vorsehen: Bereits für die gestrige Nacht hatte die Polizei eine Großkontrolle gegen Raser und Trinker angekündigt.

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