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Berlin: Leidenschaftliche Bescheidenheit

Gedenkfeier für Louise Schroeder im Rathaus

Kann eine Gedenkfeier zum 50. Todestag wirklich ergreifend sein? Die Antwort lautet überraschenderweise: Ja. Gestern erinnerten sich unter anderem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, Klaus Schütz und Walter Momper im großen Saal des Berliner Rathauses an Louise Schroeder. Ihr zu Ehren diskutierten unter der Regie von RBB-Intendantin Dagmar Reim die früheren Ministerinnen Christine Bergmann und Renate Künast sowie die ehemalige Abgeordnetenhauspräsidentin Hanna-Renate Laurien über „Frauen in der Politik“.

Louise Schroeder amtierte als Oberbürgermeisterin von Berlin von 1947 bis 1948, war 1919 Mitglied der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung in Weimar und ihr Leben lang eine überaus engagierte und sehr beliebte Sozialpolitikerin in vielen verschiedenen Funktionen. Wowereit beschrieb ihre natürliche Bescheidenheit. Sie sei intelligent und lebhaft gewesen, eine große Kämpferin, aber nie machtbesessen.

Die Diskussion der Politikerinnen war über alle Parteigrenzen hinweg lebhaft und unter völliger Vermeidung persönlicher Profilierung ganz auf die Sache konzentriert. Das Thema Emanzipation ist danach noch nicht erledigt, muss also wachgehalten werden, und die von Männern dominierte Politikkultur müsse entschiedener von den Frauen verbessert werden: mehr Zeit für die Familien und weniger unkonzentriertes Gequatsche in verräucherten Hinterzimmern.

Am Ende wurde eine Rede eingespielt, die Louise Schroeder bei einer Kundgebung zum Ende der Blockade Berlins 1949 vor dem Rathaus Schöneberg hielt. Eigentlich waren nur Männer als Redner vorgesehen, aber den Louise-Rufen der Berliner konnte sie sich nicht verwehren. Fast visionär und mit einer Stimme, die an Renate Künast erinnerte, rief sie, wie glücklich sie sei, „dass wir diesen Sieg errungen haben, ohne dass ein Tropfen Blut geflossen ist“. Elisabeth Binder

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