Berlin: Lenins Irrtum
VON TAG ZU TAG Andreas Conrad über den Anstand an der Bahnsteigkante Für Revolutionen haben wir kein Talent. „Bevor die Deutschen einen Bahnhof stürmen, lösen sie eine Bahnsteigkarte“, hat Lenin gehöhnt und damit noch untertrieben.
VON TAG ZU TAG
Andreas Conrad über
den Anstand an der Bahnsteigkante
Für Revolutionen haben wir kein Talent. „Bevor die Deutschen einen Bahnhof stürmen, lösen sie eine Bahnsteigkarte“, hat Lenin gehöhnt und damit noch untertrieben. Er wusste ja nichts vom neuen Berlin, konnte die Folgen nicht ahnen, die ortsunkundigen Revolutionären aus irrtümlich unterlassenem Abstempeln solch einer Karte erwüchsen. Ganz zu schweigen, wenn es sich nicht um Fäuste schwingende Hungerleider handelt, sondern um höfliche, im Gebrauch hiesiger Verkehrsmittel nur etwas ungeübte Touristen. Allenfalls wedeln sie zaghaft mit Stadtplänen, sonst Signal für hilfsbereite Einheimische, mit Rat und Tat beizustehen, in Berlin eher Schlüsselreiz, der in den Augen gewisser Leute das EuroZeichen aufblitzen lässt und heftiges Kopfrechnen auslöst. 40 Euro erhöhtes Beförderungsentgelt, multipliziert mit der Größe der Reisegruppe? Eine Goldader für Kontrolleure. Aber eine Niete für Berlin.
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