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Berlin: Lernziel erreicht – trotz vieler Ausländer

Die Blum-Oberschule demonstrierte gestern, wie schwierig es ist, Gymnasialniveau zu halten

Jahrelang galt die Robert-Blum-Oberschule in der Schöneberger Kolonnenstraße als Vorbild für gelungene Integration. Hier, so hieß es, würden auch türkischstämmige Kinder angemessen gefördert, um das Abitur zu schaffen. Der Erfolg hat sich herumgesprochen – nicht zuletzt in bildungsbewussten türkischen Familien, die gezielt versuchen, ihr Kind hier unterzubringen. Ob es eine Empfehlung für das Gymnasium gibt, ist dabei oft zweitrangig.

Nun sieht sich die Schule dem nicht mehr gewachsen. Man sei dabei, eine „Gettoschule“ zu werden, konstatiert Schulleiter Martin Kraschewski. „Deutsche Eltern bleiben weg, weil sie sagen: schöne Schule, aber zu viele Ausländer.“ Dass der Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunft in diesem Jahr von dreißig auf sechzig Prozent gestiegen ist, hat aber nicht nur damit zu tun, dass immer mehr türkische Eltern sich wünschen, dass ihr Kind Abitur macht. Vor der Bezirksfusion wurden in Schöneberg nichtdeutsche Kinder nach Absprachen halbwegs gleichmäßig verteilt. Jetzt setzen sich mehr Eltern durch – und auf die Robert-Blum-Schule kommen mehr Kinder, die sprachlich nicht auf dem Niveau eines Gymnasiasten der 7. Klasse sind.

Gestern kamen die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) und der Bezirksstadtrat Dieter Hapel (CDU) ins Haus und diskutierten mit den Lehrern. Im Deutschunterricht sei es kaum möglich, gymnasiales Niveau zu halten, erklärte Lehrerin Dorothee Pfeifer, in deren Klasse zwei Drittel nichtdeutscher Herkunft sind. Im Englischunterricht gelte Ähnliches, ergänzte ein Kollege. Teilungsstunden oder Förderunterricht, mit denen früher erfolgreich Defizite ausgeglichen wurden, seien gestrichen worden. Nun sitzen in jeder der siebten Klassen 30 bis 34 Schüler. Man drohe „kaputtzugehen“, sagte Kraschewski, der Unterricht mit mehr als einem Drittel Ausländerkinder nicht für möglich hält.

Kraschewski forderte, die Kinder wieder gleichmäßig zu verteilen und die Empfehlungen der Grundschule verbindlich zu machen: „Türkische Eltern sind beratungsresistent. Da heißt es: Realschule zu lasch, Gymnasium streng, hier lernt Kind besser deutsch.“ Bei der Ausländerbeauftragten stieß er damit auf massiven Widerspruch. „Eine Verteilung ist noch nie gelungen“, sagte John. In erster Linie müssten sich die Schulen ändern. „Es kann nicht darum gehen, Kinder aus Migrantenfamilien, die nur zu acht Prozent Abitur machen, wieder aus den Gymnasien zu entfernen.“ Die Kinder seien nicht dumm, sondern hätten Defzite, deren Ursachen auch im Bildungssystem lägen. Als Stichworte nannte sie: unzureichende Lehrerausbildung, zu wenig Ganztagsschulen, zu wenig Unterricht überhaupt. „Die Kinder müssen gefördert werden – und zwar auch am Gymnasium“, so John. Auch die Aussage von Bildungssenator Klaus Böger, der gestern im Tagesspiegel erklärt hatte, beim Übergang in die 7. Klasse sei der Spracherwerb abgeschlossen, sei falsch. Beim Besuch trat gestern sowas wie ein Vorführ-Effekt ein: Je eine halbe Stunde lang wohnte man dem Unterricht in einer Klasse mit elf und einer mit 25 ausländischen Kindern bei. Das Ergebnis: Keine sichtbaren Unterschiede. Beteiligung gut, Lernziel erreicht. Jeannette Goddar

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