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Berlin: „LES MISÉRABLES“ SPIELT IN PARIS, ABER VIELE TEXTSTELLEN HABEN DURCHAUS BERLIN–BEZUG

Dass Victor Hugo seine „Elenden“ verfasste, ist zwar schon ganz schön lange her – er beendete den Wälzer 1862. Gut 100 Jahre später, genauer gesagt 116, begannen Alain Boublil und ClaudeMichel Schönberg, aus dem Epos ein Musical zu machen – „Les Misérables“.

Dass Victor Hugo seine „Elenden“ verfasste, ist zwar schon ganz schön lange her – er beendete den Wälzer 1862. Gut 100 Jahre später, genauer gesagt 116, begannen Alain Boublil und ClaudeMichel Schönberg, aus dem Epos ein Musical zu machen – „Les Misérables“. 1980 waren die beiden damit fertig. Wer ihr Libretto heute durchblättert, findet übrigens allerhand Stellen darin, die sich auf die aktuelle Berliner Lage beziehen lassen. Als da wären:

Die Finanzlage der Stadt. Durchaus passend der Text aus dem Lied „Ich bin Herr im Haus“, das man glatt auch „Sarrazins Song“ nennen könnte:

„Ich bin Herr im Haus,

ich bin hier Dompteur,

nehm euch einen Sou ab

oder auch mal mehr.

Wasser in den Wein!

Wenn ihr nicht mehr steht

krall ich euren Klunker,

weil ihr doppelt seht!

Waren Sie mit mir zufrieden?

Hat’s euch wieder Spaß gemacht?

Für euch tu ich doch alles,

aber wartet, wer als Letzter lacht!“

Im Musical singt Monsieur Thénardier dieses Lied, Darsteller ist Ulrich Wiggers, ein gebürtiger Berliner, der das Lied gewiss mit der entsprechenden Überzeugung vortragen wird.

Und ist nicht auch das Berliner Erzbistum total verschuldet? In „Les Misérables“ trällert der Bischof schon im Prolog, als er seine Habe verschenkt:

„Denke stets daran, mein Bruder,

Gott begleitet deinen Stern.

Drum verwende dieses Silber

nur im Sinne unseres Herrn.“

Und trotzdem strömt alles nach Berlin. In der Besucherstatistik ist Berlin auf Platz drei vorgerückt und muss nur noch London und Paris den Vortritt lassen. Woran das liegt? Hier ist eben jede Menge los, man kann sich prächtig und auf alle nur denkbaren Arten amüsieren – auch mit „Leichten Mädels“:

„Ich riech Weiber,

Spaß liegt in der Luft!

Hier geh ich vor Anker

und dann folg ich diesem Duft!

Leichte Mädels

halten für mich still!

Junges festes Hühnchenfleisch

in Fummel und in Tüll!

Setzt die Segel,

auf sie mit Gebrüll!“

Doch wie lange wird das gut gehen? Oder:

„Wann explodiert das Pulverfass?

Wie lange noch

bis zum großen Schlag!

Bis alle Feisten

ihren Schöpfer sehn?

Bis unsre Barrikaden stehn?“

Naja, so leicht ist Berlin nicht totzukriegen. Sanieren lässt es sich allerdings auch nicht schnell. Lesen Sie doch in hundert Jahren nochmal nach…

Die Textstellen hat Fatina Keilani gefunden.

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