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Berlin: Leserbriefe an das DEMOKRATISCHE FORUM

Am vergangenen Sonntag veröffentlichten wir einige Leserzuschriften an den Tagesspiegel aus den Jahren 1945 bis 1955. Wegen des großen Interesses unserer Leserinnen und Leser drucken wir nachfolgend noch weitere der Zuschriften aus den Nachkriegsjahren ab.

Am vergangenen Sonntag veröffentlichten wir einige Leserzuschriften an den Tagesspiegel aus den Jahren 1945 bis 1955. Wegen des großen Interesses unserer Leserinnen und Leser drucken wir nachfolgend noch weitere der Zuschriften aus den Nachkriegsjahren ab. Bü.

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Es wird viel geschrieben über die traurige Situation der Juden; wir aber, die wir selber dazugehören, vermissen Taten. Das Grauen sitzt uns seit zwölf Jahren im Nacken, wie können wir es vergessen, wenn nichts für uns geschieht?

Frau L. Kellerhals, Berlin-Friedenau,

15. Dezember 1945

Die jüdische Gemeinde verweist Hilfesuchende zum Hauptausschuß „Opfer des Faschismus“, dieser wieder an die Bürgermeister, von dort wird man zur Bergungsstelle und der jüdischen Gemeinde verwiesen. Bergungsstelle und jüdische Gemeinde nennen wieder andere Behörden und der Tanz beginnt von neuem. Es fehlt uns an den notwendigsten Kleidungs- und Wäschestücken, weil die Behörden unserem Existenzkampf nicht das richtige Verständnis entgegenbringen. Wer Interesse hat zu hören, wie es uns jetzt geht, besuche uns in den Berliner Durchgangslagern. Wer hilft uns?

Louis Grünberger, Berlin N 65,

26. Januar 1946

Wir waren damals acht bis fünfzehn Jahre alt, als die NSDAP an die Macht kam. Wir „wurden“ in das Jungvolk „eingetreten“. Die Eltern wollten es, zumindest hinderten sie uns nicht daran. Anfangs fühlten wir uns von der Jugendbewegung angezogen. Glücklich waren die Jungen, deren Eltern ihre Kinder aufklärten und kritisch machten. Aber sie waren leider in der verschwindenden Minderheit. Man darf uns nicht den Vorwurf machen, daß wir glaubten, denn der Glaube ist das Recht der Jugend. Nur die Sache, an die wir glaubten und an die wir uns verschwendeten, war schlecht. Wir kannten doch nicht das Vergangene, das man an die Stelle des zu Stürzenden hätte setzen müssen. Die alte Generation, die im Vergangenen das Bessere hätte sehen können, rührte sich nicht.

Hans Steinberg, Völkenrode, Braunschweig, 22. Dezember 1946

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Sowohl die Bundesregierung als auch der größte Teil unseres Volkes hält eine Erörterung und Änderung der trostlosen Verhältnisse im Spandauer Gefängnis für dringend erforderlich, damit der Begriff Menschlichkeit, der 1945 auf alle Siegerfahnen geschrieben wurde, wieder zu Ehren gebracht werde.

Eberhard Heffe, Berlin-Tempelhof,

12. Februar 1954

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