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Lesung: Kunst und Kalbskeule

Kerstin Decker las aus ihrer Biographie der Malerin Paula Modersohn-Becker.

Wahrscheinlich begann alles mit einem Bauernmädchen aus Worpswede. „Ich mochte es nicht, als Kind“, sagt Kerstin Decker. „Das Mädchen – nicht das Bild, auf dem es zu sehen ist.“ Tagesspiegel-Autorin Kerstin Decker sitzt im Löwenpalais in Grunewald. Und über ihr schwebt der Kopf einer dunkelhaarigen Frau mit nachdenklichem Blick: Ein Selbstbildnis der Malerin Paula Modersohn-Becker wird mit Diaprojektor an die Wand geworfen. Die Künstlerin hat auch jenes Worpsweder Bauernmädchen gemalt. Und weil sich Kerstin Decker irgendwann an ihre Abneigung erinnerte, schrieb sie eine Biographie über die Malerin. Aus dem Buch liest sie an diesem Frühlingsabend vor.

„Na ja, es gab ein ganzes Bündel von Gründen – so ist es immer, wenn ich eine Biographie schreibe“, sagt sie im Gespräch mit Tagesspiegel-Redakteurin Nicola Kuhn, die die Veranstaltung moderiert. Im Moment schreibe sie über die Schriftstellerin Else Lasker-Schüler. Auch Heinrich Heine hat sie schon erforscht. „Ich würde nie über jemanden schreiben, dessen Briefe mir nicht gefallen.“ Und auch die Tagebücher der Malerin hat sie studiert: „Es ist meine Erfahrung, dass die Ehe nicht glücklicher macht“, zitiert Decker. „Dies schreibe ich in mein Küchenhaushaltsbuch am Ostersonntag 1902, sitze in meiner Küche und koche Kalbsbraten.“ Das sei das einzige Gericht, dass in ihren Aufzeichnungen vorkommt, sagt Decker. Deshalb gibt es eine Kalbskeule in der Pause, serviert von Birgitt Claus und den anderen Köchen der Firma Eßkultur.

Nach der Lesung steht Tagesspiegelleserin Helga Nieske im Foyer des Löwenpalais. Vor 20 Jahren sei sie mal in Worpswede gewesen, habe sich die ehemalige Künstlerkolonie angesehen. „Aber mir ist damals gar nicht so bewusst geworden, wie herausragend Paula im Gegensatz zu den anderen Malern dort war.“ Am besten gefällt ihr ein Bild, auf dem sich Paula Modersohn-Becker nackt mit einem Schwangerschaftsbauch porträtierte – ohne Schwanger zu sein. Ein ungeheurer Tabubruch sei das gewesen, sagt Kerstin Decker. Es ist das Titelbild ihres Buches. Daniela Martens

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