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Nur noch rund 50 freie Grabstellen gibt es auf dem muslimischen Friedhof am Columbiadamm. Nun schlug ein Sprecher der islamischen Föderation Berlin vor, nicht genutzte Flächen auf christlichen Friedhöfen für islamische Bestattungen zu nutzen.

© dapd

Gräbermangel auf islamischen Friedhöfen: Muslime wollen in der Heimat bestattet werden

Trotz Gräbermangels gibt es unter Muslimen bisher keine Nachfrage bei kirchlichen Friedhöfen. Die meisten bevorzugen eine Überführung in die Heimat. Würde sich das ändern, müsste sich auch die Kirche einer eingehenden Selbstbefragung unterziehen.

Auf dem islamischen Friedhof am Berliner Columbiadamm werden die Gräber knapp. Nur noch rund 50 Grabstellen stehen – wie berichtet – auf dem ältesten muslimischen Friedhof der Stadt zur Verfügung. Die kirchlichen Friedhöfe in der Nachbarschaft allerdings verzeichnen bisher keine erhöhte Nachfrage. „Bei uns hat sich bislang kein islamischer Verband und keine Moscheegemeinde gemeldet“, sagt der Sprecher der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Volker Jastrzembski. Auch mit der Frage, ob islamische Bestattungen auf kirchlichen Friedhöfen zulässig wären, hat sich die evangelische Kirche deshalb bislang nicht beschäftigt. „Mangels Anfragen hat sich diese Frage bislang nicht gestellt.“ Anfang der Woche hatte ein Sprecher der islamischen Föderation Berlin im Tagesspiegel vorgeschlagen, nicht genutzte Flächen auf christlichen Friedhöfen für islamische Bestattungen zu nutzen. „Rein rechtlich wäre es wohl möglich, solche Flächen auszuweisen“, überlegt Jastrzembski. Vor einer derartigen Entscheidung müsste sich die Kirche aber auch theologisch damit beschäftigen. „Es würde ja bedeuten, dass ein evangelischer Friedhof ein muslimisches Gräberfeld betreibt – da müsste es in der Kirche vorher schon eine intensive Diskussion darüber geben.“

Rund 300.000 Muslime leben derzeit in Berlin, den größten Anteil bilden die türkischstämmigen Berliner. Zwar gibt es auf dem islamischen Friedhof in Gatow noch ausreichend Platz, doch vielen muslimischen Angehörigen ist der Weg dorthin zu weit. Dennoch hat auch Pfarrer Jürgen Quandt, der als Geschäftsführer den Evangelischen Friedhofsverband Berlin-Stadtmitte leitet, so gut wie nie von islamischen Bestattungen auf evangelischen Friedhöfen gehört. Obwohl er Friedhöfe in Kreuzberg und Neukölln betreut und seine Gemeinde mitten in einem Bezirk liegt, der bei vielen Berliner Muslimen ein beliebter Wohnort ist. „Ich kenne nur ein einziges Beispiel, wo sich ein Muslim auf einem kirchlichen Friedhof bestatten ließ“, sagt Quandt. Als der türkische Asylbewerber Cemal Kemal Altun 1983 wegen seiner drohenden Abschiebung Selbstmord beging, wurde er auf einem Kirchhof bestattet. Auch eine Mitarbeiterin des islamischen Bestattungsunternehmens ADA Cenaze aus der Neuköllner Sonnenallee sagt: „Es ist zwar möglich, dass ein Muslim auf einem kirchlichen oder städtischen Friedhof beigesetzt wird, aber wo immer es möglich ist, sollte ein islamischer Friedhof vorgezogen werden.“

Ohnehin würden gut 80 Prozent aller Kunden des Bestattungsunternehmens eine Überführung in die Heimat vorziehen. So erlebt es auch Rüdiger Kußerow, Obermeister der Berliner Bestatterinnung: „Mit Muslimen haben wir nur wenig zu tun“, sagt Kußerow. „Meist lassen sie ihre verstorbenen Angehörigen von spezialisierten Betrieben in die Heimat überführen.“ Den Platzmangel auf dem islamischen Friedhof am Columbiadamm führt Kußerow im Übrigen auf einen ganz praktischen Grund zurück: „Auf einem kirchlichen oder städtischen Friedhof werden Grabstellen nach 20 Jahren neu vergeben“, sagt der Bestatter. „Aber der Islam schreibt vor, dass ein einmal vergebenes Grab ewig bestehen muss.“ Was dann wohl auch künftig für Platzprobleme sorgen dürfte.

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