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Berlin: Letzter Auftritt für die Baukräne

Zehn Jahre lang zeigte die „Schaustelle Berlin“ eine Stadt, die sich neu erfindet. Millionen sahen zu. Jetzt beginnt die Abschiedssaison

„Innenstadttour mit Baulogistikzentrum“ – hä? „Verkehrsprojekte im zentralen Bereich“ – und? In den Ankündigungen spürte man schon den knirschenden Sand, der später an Schuhsohlen und Kameraobjektiven haften würde. Die „Schaustelle Berlin“ schaffte es, hunderttausende Menschen davon zu überzeugen, dass Baustellen auch ihre guten Seiten haben. Dieses Jahr wird die Marketingaktion zur Imagepflege des neuen Berlin zehn Jahre alt. Nach dieser Saison soll Schluss sein, kündigte Friedrich-Leopold von Stechow von der Trägerorganisation „Partner für Berlin“ gestern an. Nächstes Jahr ist Fußball-WM. Gegen ein solches Mega-Ereignis wolle man nicht konkurrieren.

Vorher wird noch mal geklotzt. Zwischen dem 3. und 12. Juni sind 280 Führungen und Kulturveranstaltungen geplant. Am 4. Juni wird im neuen Regionalbahnhof Potsdamer Platz das zehnte Jubiläum gefeiert. Viele Führungen gelten fertigen Gebäuden wie den Ministerien, Landesvertretungen, Fernsehsendern und Parteizentralen. Die größte aktuelle Baustelle, der neue Hauptbahnhof an der Invalidenstraße, kann nicht besichtigt werden. „Wir arbeiten mit Volldampf, damit der Bahnhof bis zur WM fertig wird“, sagt Bahn-Sprecherin Susanne Wegerhoff. Besucher würden da nur stören.

Erfunden hatte die Schaustelle der ehemalige Kultursenator Volker Hassemer. Ihm ging die ewige Meckerei der Berliner wegen der Verkehrsbehinderungen an der Nahtstelle zwischen Ost und West auf die Nerven. Vorbild war die Infobox, die schon 1995 von Debis installiert wurde, um den Blick über die Bauzäune am Potsdamer Platz zu erleichtern. Damals klaffte im Zentrum noch eine riesige offene Wunde. Den Bau-Chirurgen mit ihren riesigen Instrumenten bei der Arbeit zuzusehen, wurde selbst für technophobe Menschen zum Faszinosum.

Debis organisierte zum Richtfest des neuen Areals den legendären „Tanz der Kräne“, dirigiert von Daniel Barenboim. Das Ereignis wiederum spornte Hassemer an, die Baustellen-Visiten mit Modenschauen und Bühnenshows anzureichern. Neben den Berlinern sollten auch Touristen angelockt werden.

Nach den großen Erfolgen in den ersten Jahren kamen der Schaustelle langsam die Baustellen abhanden. Führungen durch fertige Gebäude sprengten das ursprüngliche Konzept. Wenn jetzt Schluss ist, muss das niemanden traurig stimmen. „Schaustelle ist jetzt die Stadt“, sagt Star-Architekt Hans Kollhoff.

Programm-Höhepunkte der letzten „Schaustelle Berlin“ sind unter anderem die Besichtigung der Baustelle Galeria Kaufhof am Alexanderplatz, der Rundgang im Areal Köbis-Dreieck und die Baustelle Bahnhof Papestraße, der Besuch in der Coca-Cola-Produktion Hohenschönhausen und Führungen durch das Dom- Aquarée. Interessante Angebote gibt es auch für Kinder. Alle Infos unter www.schaustelle.de. Tickets gibt es in den Tourist-Info-Centern der BTM und an den CTS-Theaterkassen.

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