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Berlin: Lichter dieser Großstadt

Die Idee, Gasleuchten auf Strombetrieb umzustellen, ist fast 50 Jahre alt. Ein Pro und Contra

„Berlins Gaslaternen sollen verschwinden“, schrieb auch der Tagesspiegel über die geplante Umstellung der Straßenbeleuchtung auf elektrisches Licht. Weil Gaslampen nicht hell genug und außerdem zu teuer seien, plane Bausenator Schwedler einen zügigen Austausch – das war am 4. Oktober 1956.

Immer wieder haben Politiker seitdem den Versuch unternommen, den Gaslaternen den Garaus zu machen. Im Ostteil der Stadt wurden per Magistratsbeschluss mehrere tausend Lampen demontiert, im Westteil gab es vor allem in den 60er und 70er Jahren zahlreiche Versuche, an einzelnen Straßenzügen auf elektrische Beleuchtung umzustellen. Doch die Berliner wollten ihr liebgewonnenes Licht nicht hergeben: Anwohner organisierten sich in Bürgerinitiativen und sammelten Unterschriften. Das zeigte Wirkung: Bis heute leuchten in Berlin rund 44000 Gaslaternen – weit mehr als in jeder anderen europäischen Stadt.

Jetzt unternimmt die Politik einen neuen Anlauf, die Gaslaternen abzuschaffen: Das Bezirksamt Mitte, das inzwischen für die Straßenbeleuchtung der gesamten Stadt zuständig ist, möchte alle Lampen innerhalb der nächsten zweieinhalb Jahre austauschen. Als Hauptgrund nennt Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) die im Verhältnis zur Strombeleuchtung „deutlich zu hohen Betriebskosten“. Die Stadtlicht GmbH, die im Auftrag Berlins sowohl die gasbetriebenen als auch die 190000 elektrischen Laternen wartet, spricht von acht Millionen Euro, die Berlin nach einer Umstellung jährlich einsparen könnte. Bereits nach etwa elf Jahren hätten sich die einmaligen Investitionen zur Umrüstung finanziell rentiert, sagt die Stadtlicht GmbH. Das Bezirksamt will derzeit noch keine genauen Zahlen nennen.

„Bestimmt mehr als 100 Millionen Euro“ koste die Umstellung, schätzt Michael Kraft, ein entschiedener Gegner des Vorhabens. Kraft war in den 90er Jahren Abteilungsleiter bei der städtischen Gasag, die damals den Betrieb der Gaslaternen managte. Wenn das Bezirksamt seine Pläne wahr mache, könnten sich die Berliner auf etwa „150000 Baugruben freuen“, sagt Kraft. Da totgelegte Gasleitungen nach dem Berliner Straßengesetz umgehend entfernt werden müssten, seien kilometerlange Straßenaufrisse nicht zu vermeiden. Davon abgesehen lehnt der Gasexperte die Umrüstung auf Elektrolampen ganz grundsätzlich ab: „Das goldgelbe Licht der Gaslampen ist ein unersetzbares Kulturgut.“ Da helfe auch das Versprechen des Bezirks nicht, die Lampenmasten bei der Umstellung optisch nicht zu verändern. Kraft will nun breiten Widerstand organisieren und die „unmöglichen Pläne des Bezirks“ stoppen. Ende des Monats treffe er sich mit Gleichgesinnten zu einem ersten Vorbereitungstreffen: „Das gibt ein ordentliches Remmidemmi.“

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