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Der Kombi-Kandidat. Der Grüne Hans-Christian Ströbele hat keine Berührungsängste mit der Linkspartei. Eine gemeinsame Landesregierung hält er aber für utopisch. Foto: pa / dpa

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Linke Fantasien: Ist ein Senat nur aus Grünen und Linkspartei in Berlin denkbar?

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich entwarf das Szenario, in Berlin sollten Grüne und Linke Deutschlands erste Landesregierung ohne SPD oder CDU bilden. Hans-Christian Ströbele hält das für utopisch, hätte aber keine Berührungsängste.

Von Matthias Meisner

In Hans-Christian Ströbeles Bundestagswahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg wäre es locker zu schaffen: ein Bündnis aus Grünen und Linkspartei mit eigener Mehrheit. 46,7 Prozent holte Ströbele 2009 als Direktkandidat, zweitplatziert lag im Bundestagswahlkreis 84, zu dem auch noch der Osten von Prenzlauer Berg gehört, die Linke Halina Wawzyniak mit 17,6 Prozent.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich, in Pankow direkt gewählt, entwarf zu Jahresanfang das Szenario, in Berlin sollten Grüne und Linke Deutschlands erste Landesregierung ohne SPD oder CDU bilden. Das grüne Urgestein Ströbele, inzwischen 73 Jahre alt, schüttelte den Kopf über die Idee. Dem Tagesspiegel sagte er jetzt, es handele sich um eine „Phantomdebatte“. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 kamen die Grünen auf 17,6 Prozent, die Linken auf 11,7 Prozent. Mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse meint Ströbele: „Das reicht in Berlin nicht annähernd.“ Die SPD, früher mal 50-Prozent-Partei, liege zwar inzwischen nur noch zwischen 20 und 25 Prozent. Jedoch: „Dass sie demnächst nur noch zehn Prozent hat, ist nicht so sehr wahrscheinlich.“ Sollte sich das allerdings ändern, könne man gern reden. „Berührungsängste habe ich nicht. Immer wieder gibt es inhaltlich gleiche Forderungen.“

Andere bei den Grünen sind weniger abweisend. Der seit knapp zwei Jahren amtierende Landesvorsitzende Daniel Wesener unterstützte im „Neuen Deutschland“ Liebichs Idee. „Eine Zusammenarbeit auf Landesebene kann ich mir vorstellen“, sagte Wesener. Es gehe darum, „linke Machtoptionen jenseits der SPD zu denken“. Ohnehin regiere die SPD in Berlin „schon viel zu lange“. Clara Herrmann, Haushaltspolitikerin der Grünen im Abgeordnetenhaus, sagte dem Tagesspiegel: „Eine witzige Idee, über die man auf Landesebene perspektivisch diskutieren kann.“

Liebich argumentiert, es gebe „genau ein Bundesland“, in dem Grün-Links denkbar erscheine: Berlin. Gemeinsam würden beide Parteien ein Spektrum abbilden, das weit über das jeweils typische sehr enge grüne und sehr enge linke hinausgehe. Die Grünen seien in der Mitte der Stadt Volkspartei, die Linke im Osten. Die Reaktionen unter Liebichs Parteikollegen waren allerdings höchst unterschiedlich. Udo Wolf, Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, ließ wissen, er halte zwar nichts von Denkverboten, doch sei es nicht die passende Zeit für einen solchen Vorstoß. Begeistert ist dagegen Bundeschefin Katja Kipping. Sie sagte dem Tagesspiegel, sie habe „sehr viel Sympathie“ für die Idee.

Liebich ist vorerst zufrieden: „Die Debatte läuft, das finde ich gut.“ Einige Parteikollegen hätten seinen Vorstoß als „Botschaft von Selbstbewusstsein“ gelobt. Liebich gibt aber auch zu, dass andere ihm Vorhaltungen machten, nach dem Motto: Farbenspiele bringen nichts.

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