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Berlin: Linke und Rechte nehmen einander ins Visier

Weil Anhänger beider Lager immer öfter gewalttätig werden,hat die Polizei in Berlin und Potsdam eigene Ermittlungsgruppen gebildet

Extremisten von links und rechts greifen sich gegenseitig zunehmend militanter an. Kaum ein Tag vergeht ohne Übergriffe, zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Berliner und Brandenburger Anhängern beider Seiten. So sollen Mitglieder der im März in Berlin verbotenen Neonazigruppen „Alternative Südost“ und „Kameradschaft Tor“ jetzt in Potsdam aufgefallen sein. Die Berliner Polizei hat jetzt im Landeskriminalamt eine spezielle Arbeitsgruppe „Links- Rechts-Auseinandersetzungen“ gegründet, nachdem sich die Straftaten in den vergangenen Monaten massiv gehäuft hatten. Auch im Potsdamer Polizeipräsidium wurde eine Sonderkommission gegründet.

Friedlich bleibt es nur noch, wenn eine starke Polizeipräsenz beide Gruppen trennt, so wie gestern Mittag in Ahrensfelde. Dort hatte der Berliner NPD-Landesverband zu einer Demo aufgerufen, die unter dem Motto „Lernmittelfreiheit für Kinder“ stand. Etwa 80 Rechte kamen – und 130 Gegendemonstranten. Noch mehr Polizisten trennten beide Seiten, es blieb friedlich. Doch die militanten Antifaschisten waren ohnehin nicht nach Ahrensfelde gekommen, sie waren unterwegs nach Schwerin und Gera, wo die NPD ebenfalls – größere – Demonstrationen veranstaltete. Der Staatsschutz der Polizei hatte die Berliner NPD-Demo auch als Versuch gewertet, die Berliner Antifa-Szene in der Stadt zu binden und von der Reise nach Gera abzuhalten.

Die Auseinandersetzungen der letzten Monate fanden in der letzten Zeit nicht bei mehr oder minder offiziellen Demonstrationen statt, sondern nachts oder abends – wenn keine Polizei in der Nähe ist. Linke und Rechte sammeln in Internet-Listen Übergriffe der anderen Seite – und sie veröffentlichen Fotos und Namen ihrer Gegner. Eskaliert war die Situation Anfang Juni, als 15 Linke auf dem Ostbahnhof fünf Rechte mit Reizgas und Schlagstöcken überfielen und verletzten. Die Rechten kamen von einem Prozess in Potsdam – dort hatte es am Nachmittag bereits massive Auseinandersetzungen gegeben. Bei dem Prozess ging es um einen Anschlag rechter Jugendlicher auf einen Treffpunkt der linken Szene in der Potsdamer Innenstadt Silvester 2003/ 2004. Angeklagt sind dort drei junge Rechte aus Potsdam und Berlin.

In dieser Woche nun hatte die Polizei – verstärkt durch ein Spezialeinsatzkommando in einer Razzia die Wohnungen der mutmaßlichen Täter gestürmt. Nach Polizeiangaben war die Durchsuchung ein Erfolg: Es wurden umgebaute Metallrohre, Schlagringe, Sprühflaschen und Teleskopschlagstöcke gefunden, die Beschuldigten im Alter zwischen 18 und 34 Jahren, darunter zwei Frauen, sind teilweise einschlägig wegen linker Gewalttaten polizeibekannt. Sie wurden wieder auf freien Fuß gesetzt. Ihre Anwälte protestierten gegen den angeblich zu harten Einsatz – das SEK hatte nicht geklingelt, sondern die Türen eingerammt.

In Potsdam sitzen dagegen mittlerweile vier Anhänger der rechten Szene in Untersuchungshaft – einige davon aus Berlin – , nachdem sie zwei Linke in der Innenstadt bei einem Überfall schwer verletzt hatten. Die Potsdamer Polizei hofft deshalb, dass sich die Lage beruhigt, nachdem die Anführer aus dem Verkehr gezogen wurden.

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