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Berlin: Links gegen Links

Der Streit um das Volksbegehren geht quer durch Parteien und Gewerkschaften

Es muss hoch hergegangen sein bei der GEWSitzung, in der die Lehrer-Funktionäre beschlossen, das „Volksbegehren Soziales Berlin“ zu unterstützen. Man debattierte über die Unterschriftenkampagne gegen den Senat, und es stand ein Antrag zur Debatte, den gewerkschaftlich organisierten Abgeordneten von SPD und PDS eine „klare Abmahnung“ zu verpassen. So sagt es GEW-Sprecherin Sigrid Baumgardt aus – was in dem Antrag stand, verschweigt sogar der Antragsteller. Die Funktionäre beschlossen, die Abmahnung nicht auszusprechen. Ob das die SPD- und PDS-Abgeordneten noch mit einer Gewerkschaft versöhnen wird, die ihre Regierungsmacht beenden will, ist bei den meisten nicht ausgemacht. Die Devise in SPD- und PDS-Führung heißt zunächst einmal: das Volksbegehren beobachten und den Ball flachhalten.

Die PDS-Abgeordnete Gabi Hiller hat sich schon gegen die GEW entschieden. Sie erklärte gestern nach 22 Jahren ihren Austritt. Sie wolle damit auch gegen eine Gewerkschaftspolitik protestieren, „die zunehmend und ausschließlich auf Besitzstandswahrung“ der Lehrer und Erzieher im öffentlichen Dienst gerichtet sei. Ihre Fraktionskollegin Stefanie Schulze fühlt sich durch die Abmahnungsdrohung an DDR-Verhältnisse erinnert und wirft der GEW die „Ausblendung der Realitäten“ vor: Berlin müsse sparen. Schulze denkt noch über einen Austritt nach. Auch Margrit Barth überlegt. „Ich bin entsetzt, wenn das das Verständnis von Demokratie sein soll.“ Schon vor einem Vierteljahr trat der PDS-Kulturpolitiker Wolfgang Brauer aus. Dass ausgerechnet Linke „Sturm gegen Rot-Rot“ liefen und die CDU und FDP als Alternative sehen, bezeichnet er als „schizophrenen Handlungsansatz“. Ähnlich geht es der SPD-Abgeordneten Renate Harant. Sie hält der GEW und der Initiative vor, keine Alternative zu Rot-Rot zu bieten. Sie ist „geneigt, auszutreten“.

Die Opposition ist uneins. In der CDU sieht man die Initiative als Transportmittel auf dem Weg zu Neuwahlen. EU- Kandidat Ingo Schmitt hat unterschrieben, allerdings bei der Gewerkschaft der Polizei. Parteisprecher Matthias Wambach schließt nicht aus, dass die CDU noch zur Unterstützung der Kampagne aufruft. FDP-Fraktionschef Martin Lindner will mit der GEW nichts zu tun haben, der liberale Landesvorsitzende Markus Löning spricht von einem „Aufruf von gestern“. Die Grünen halten das Volksbegehren für eine „verständliche Reaktion“, wollen es aber nicht unterstützen, weil die Forderung nach Abwahl noch kein politisches Programm darstelle. sib/wvb.

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