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Besuch. Fraktionschef Udo Wolf beim Empfang der Linken-Präsidentschaftskandidatin Beate Klarsfeld. Foto: dpa

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100 Tage Bilanz: Links und leise

Bei den Sozialisten regiert ein Männertrio. Die Oppositionsrolle fällt der Fraktion nach zehn Jahren rot-roter Regierungsbeteiligung noch schwer.

Von Sabine Beikler

Der große Ruck lässt auf sich warten: Die Linksfraktion arbeitet eher lustlos vor sich hin. Die Strippen in der Fraktion zieht die linke „Boygroup“, wie das Führungstrio trotz des nicht mehr ganz jugendlichen Alters der Beteiligten intern genannt wird: Fraktionschef Udo Wolf, sein Bruder, der Ex-Senator Harald Wolf, sowie Klaus Lederer, Parteichef und Abgeordneter. Die 19 Abgeordneten der zweitstärksten Oppositionsfraktion sind auch Monate nach der Wahlniederlage im September nicht in der Opposition angekommen; der Rollenwechsel fällt ihnen schwer. Die mediale Aufmerksamkeit ist nicht mehr so groß wie zu Mitregierungszeiten. Und am politischen Profil muss die Fraktion ebenfalls noch feilen.

Die Fraktion arbeitet in personeller Kontinuität. Nur fünf Abgeordnete sind neu gewählt, die anderen sind im parlamentarischen Betrieb geübt. Alle drei Ex- Senatoren – Harald Wolf, Katrin Lompscher und Carola Bluhm – sitzen ebenfalls als gewöhnliche Abgeordnete im Parlament. Ex-Gesundheitssenatorin Lompscher fällt durch Fachfragen auf: Sie ist Ingenieurin für Städtebau und jetzt für Stadtentwicklung zuständig. Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf ist zwar der inhaltliche Ideengeber, spult aber eher pflichtschuldig die zu seinem Aufgabenbereich gehörenden verkehrspolitischen Anträge ab. Völlig abgetaucht ist die frühere Sozialsenatorin Bluhm, die im Hauptausschuss sitzt.

Flügelkämpfe gibt es in der Linksfraktion nicht. Hier herrschen Realsozialisten, die auf Fraktionsdisziplin achten. Diese Rolle übernimmt gern der parlamentarische Geschäftsführer Uwe Doering. Eine ausgeprägte Debattenkultur gibt es bei den Linken nicht. „Kein Streit, keine Diskussion“, hört man aus der Fraktion. Der Vorsitzende Udo Wolf ist ein kluger Kopf, ein Machtstratege, der auf die richtigen Personen an den entscheidenden Hebeln setzt. Er verwaltet mehr, als dass er gestaltet und „will lieber seine Ruhe“, wie ein linker Abgeordneter sagt. Den linken „Libero“ spielt Klaus Lederer, der als Parteichef und Rechtspolitiker eigene Schwerpunkte setzen darf.

Bei den Linken fällt auf, dass sie bei Anfragen von Wissen profitieren, das sie sich in ihrer Regierungszeit angeeignet haben. Andererseits zeigt die Linke eine gewisse Beißhemmung gegenüber Rot-Schwarz aus. Die meisten Fragen sind staatstragend formuliert, rhetorische Schärfe fehlt weitgehend. „Wir setzen auf seriöse Bearbeitung unserer Kernthemen“, sagt Udo Wolf. Dazu zählen die Rekommunalisierung der Unternehmen der Daseinsvorsorge, Demokratie, Bürgerrechte, sozialer Zusammenhalt und Mietenpolitik. Diese Komplexe spiegeln auch die Anträge der Linken wider, in denen es um die Rekommunalisierung der S-Bahn und um höhere Mindestlöhne geht – letzteres plant auch der Senat.

Leicht macht es die Koalition den Linken nicht. Vieles, was von Rot-Rot angestoßen wurde, wird fortgesetzt, wie die Gemeinschaftsschule oder der Ethikunterricht. Noch unter Rot-Rot forderten die Linken die Neuausschreibung des Postens des Polizeipräsidenten. Das ist nun auch politischer Wille von Innensenator Frank Henkel (CDU). Zähneknirschend unterstützte die Linke in der rot-roten Koalition die Einführung des Straßenausbaubeitragsgesetzes, forderte dann aber seine Abschaffung. Das hat der neue Senat am Dienstag auch beschlossen.

Bislang fehlt es den Linken noch an breitem Profil. Kurz nach der Wahl sagte Landeschef Klaus Lederer, die Linken würden ebenso wie die Grünen unter Rot-Schwarz die Oppositionsführerschaft beanspruchen. Davon sind sie noch weit entfernt – den Grünen geht es nicht anders.

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