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Berlin: Linkspartei und SPD streiten über das Sparziel bis 2011

Sarrazin will Überschuss von 1,5 Milliarden Euro PDS-Chef Lederer gegen buchhalterische Politik

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zwischen den Sozialdemokraten und der Linkspartei/PDS bahnt sich ein Streit um die künftige Sparpolitik an. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will „in fünf, sechs Jahren wieder einen verfassungsmäßigen Haushalt haben“. Das heißt, die Neuverschuldung soll auf das Niveau der öffentlichen Investitionsausgaben sinken. Das wären 1,6 Milliarden Euro. PDS-Landeschef Klaus Lederer hat deutlich bescheidenere Ziele. „Wir wollen – die Zinsen nicht eingerechnet – in Zukunft nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen“, sagte er gestern dem Tagesspiegel.

Das ist ein Unterschied zu Sarrazins Sparziel für die gesamte Wahlperiode von 1,5 Milliarden Euro. „Die Zeit rein buchhalterischer und verfassungsrechtlicher Kriterien für die Haushaltspolitik ist vorbei“, sagte Lederer. Kluge Ideen seien gefragt, deren langfristige Wirkungen auf das Gefüge der Stadt genau geprüft werden müssten. „Über eine Erhöhung der Gewerbesteuer kann man mit der PDS reden, über weniger Lehrerstellen nicht.“ Auch der PDS-Finanzexperte Carl Wechselberg forderte ein „behutsames Vorgehen gegenüber Bildung, Wissenschaft und Kultur“. An der Stärkung der Wirtschaftskraft müsse ebenfalls gearbeitet werden. „Forcierte Sparmaßnahmen sind da eher schwierig.“

Auch Wechselberg bezeichnete einen ausgeglichenen Haushalt, aber ohne Berücksichtigung der Zinsausgaben, als „erste Konstante“ für die PDS. Dagegen will der Finanzsenator durch zusätzliche Sparmaßnahmen bis 2011 einen Überschuss von 1,5 Milliarden Euro erwirtschaften, um daraus wenigstens die Hälfte der Kreditzinsen zu bezahlen. Das würde die weitere Verschuldung Berlins nicht stoppen, aber bremsen. Um das zu erreichen, kündigte Sarrazin gestern im Info-Radio des RBB zum Beispiel „wachsende Einsparungen beim öffentlichen Personal auf 93 000 Stellen“ an. Damit ließen sich die Personalausgaben im Landeshaushalt um 800 Millionen Euro kürzen. Bisheriges Sparziel des Senats waren 100 000 Stellen im Jahr 2013.

Die Haushaltskonsolidierung, so der Finanzsenator, müsse nach dem Karlsruher Urteil „verstärkt weitergehen“. Nicht nur wegen der ausbleibenden Bundeshilfe, sondern auch wegen der abschmelzenden Mittel aus dem Solidarpakt II. Im laufenden Jahr erhält Berlin aus diesem Topf noch knapp 2 Milliarden Euro. Am Ende der Wahlperiode 2011 werden es noch 1,5 Milliarden Euro sein, ab 2020 gibt es kein Geld mehr aus diesem Topf des Bundes „zum Ausgleich teilungsbedingter Sonderlasten“.

Um die jährlichen Zinsausgaben nicht nur teilweise, sondern komplett begleichen zu können, müsste Berlin bis 2020 rund 3 Milliarden Euro zusätzlich einsparen. Dann wäre die Neuverschuldung gestoppt. Das sei nicht erreichbar, räumte Sarrazin gestern ein. Aber die Hälfte dieser Summe will er offenbar langfristig aus den Haushalt herausholen. Er kritisierte, „dass auf jedem Sozial-, Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturmisthaufen wieder die Hähne sitzen und krähen“, um den jeweils eigenen Haufen zu schützen. Es dürfe „keine Denktabus“ geben. Notwendige Kontroversen müssten eben ausgetragen werden.

Für die Koalitionsrunde am Montag deutet sich an, dass sich SPD und PDS noch nicht auf eine gemeinsame Finanzplanung einigen werden. „Die können wir notfalls noch im Dezember vorlegen, unabhängig vom Koalitionsvertrag“, so die SPD-Haushälterin Iris Spranger.

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