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NPD 1. Mai

© ddp

Live-Bericht: Ausschreitungen bei NPD-Demo in Köpenick

Der 1. Mai startete am Vormittag mit einer Demo der NPD in Köpenick. Rund 1500 Gegendemonstranten waren ebenfalls vor Ort, es kam zu Provokationen und Handgreiflichkeiten. Die Polizei nahm insgesamt 28 Personen des linken und rechten Spektrums fest. Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen berichtete live vor Ort.

Von Frank Jansen

13:40 Uhr. Köpenick

. Auf der Bahnhofsstraße halten sich immer noch ein paar hundert Linke auf. Eine Trommelgruppe sorgt für Unterhaltung, die Stimmung ist gut. Es wird erwartet, dass die Polizei die Rechten am Nachmittag gesammelt zurück zum Bahnhof eskortieren wird.

13:15 Uhr. Jenseits der Absperrung, in der Puchanstraße, zeigt ein Rechter auf dem Balkon eines Hauses den Hitlergruß. Linke reagieren auf diese Provokation, in dem sie Pflastersteine werfen. Mehrere Scheiben gehen zu Bruch. Die Polizei nimmt den Mann auf dem Balkon fest. In der NPD-Parteizentrale beschlagnahmt die Polizei eine Kiste mit Bildern, auf denen Hakenkreuze und andere NS-Symbole zu sehen sind. Die Bilder waren zum Verkauf angeboten.

12:50 Uhr:

Vermehrt treiben sich die Neonazis auch vor dem Gebäude herum. Einer durchbricht die Absperrung, hinter der die linken Gegendemonstranten stehen, und tritt wild um sich. Die Polizei nimmt ihn sofort fest. Dann brüllt ein Beamter die Rechtsextremen an, sie sollen sich schleunigst wieder auf das NPD-Gelände begeben.

12:40 Uhr.

Jetzt werden wieder Journalisten auf das NPD-Gelände gelassen. Willkommen sind sie aber nicht. Ein Kamerateam des RBB wird mit Bier und Ketchup bespritzt. Die Sonne und womöglich der Alkohol scheinen einigen Rechtsextremen zuzusetzen. Direkt neben unserem Reporter kippt ein Mann um, sofort kümmert sich ein hauseigener Sanitäter um ihn, der ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nationaler Sanitätsdienst" trägt. Zum Essen wird Schweinebraten angeboten. Partyzelte und eine Bühne sind aufgebaut. Auf dieser hält der neue Generalsekretär der Partei, Eckart Bräuniger, eine Rede. Es erfülle ihn "mit Wut und Scham", wenn alljährlich am 8. Mai die Befreiung vom Nationalsozialismus gefeiert würde. "Ich fühle mich nicht befreit". Das Publikum applaudiert. Dann sagt er noch: "Es wäre doch gelacht, wenn das Germanentum nach 2000 Jahren ein Ende finden würde". Das sei erst in 10.000 Jahren der Fall.

Auf den Tischen liegen Aufkleber mit der Aufschrift "Kauft deutsche Produkte". Man kann eine Stammtisch-Fahne im NPD-Look erwerben und Bücher über Hermann Göring und das "Versailler Diktat". Auch Miniaturkriegsschiffe - sogar von Alliierten - gibt es zu kaufen. Auf Plakaten steht "Gute Heimreise", abgebildet sind türkische Frauen mit Einkaufstüten.
 
12:25 Uhr. Inzwischen hat die Polizei die eingetroffenen NPD-Anhänger problemlos vom S-Bahnhof zur Parteizentrale geleitet. An der Spitze des Zugs war Thomas Wulff, auch bekannt unter seinem Spitznamen "Steiner", zu sehen. Er gilt als einer der Anführer der rechten Szene in Norddeutschland.

12:10 Uhr. Einsatzleiter Knape berichtet, dass noch rund 50 Rechte erwartet werden. Die Anreise mit der S-Bahn verzögert sich auch deshalb, weil in Treptow die S-Bahngleise vermutlich von Linken mit brennenden Reifen blockiert worden waren. Dadurch war der Verkehr für eine Stunde unterbrochen. Sobald die Rechtsextremen eingetroffen sind, sollen sie von der Polizei durch die Borgmannstraße zur NPD-Parteizentrale eskortiert werden. Bei der Räumung der Bahnsteige wurden rund 30 Linke in Gewahrsam genommen. "Solche Aktionen machen keinen Spaß, sie gehören aber zum normalen Repertoire der Polizeiarbeit", sagt Knape.

12:00 Uhr. Zusammen mit dem Polizeieinsatzleiter Michael Knape kann sich Frank Jansen kurz auf dem Gelände der NPD-Parteizentrale umschauen. Dort sitzen zahlreiche glatzköpfige Männer auf Bierbänken, für Kinder ist eine Hüpfburg aufgebaut. Die Stimmung ist äußerst feindselig. Jansen wird als Lügner beschimpft, ein Mann ruft ihm zu, "Herr Jansen, passen Sie auf, dass Ihnen nichts passiert." Funktionäre veranlassen sofort, dass alle Journalisten das Gelände verlassen müssen.

11:40 Uhr. Rings um den Mandrellaplatz haben sich vereinzelt Linke eingefunden und warten hinter Absperrungen. Die Atmosphäre ist ruhig, aber angespannt. Die NPD-Veranstaltung hat noch nicht begonnen. Offenbar warten die Rechten noch auf rund 50 Kameraden aus Richtung Erkner, die mit der S-Bahn anreisen wollten. Ob diese allerdings durchkommen, ist fraglich, weil immer noch zahlreiche Linke am S-Bahnhof ausharren. Am Carl-Arthur-Brühning-Haus, dem Sitz der Parteizentrale, hängt eine NPD-Flagge.

11:10 Uhr. Inzwischen schätzt Reporter Frank Jansen die Zahl der Gegendemonstranten auf rund 2000. Darunter sind sowohl ultralinke Autonome als auch Grüne und Sozialdemokraten. Die Bahnsteige am S-Bahnhof sind mittlerweile von der Polizei geräumt. Am Nordausgang stehen weiterhin Autonome und rufen den Einsatzbeamten unfreundliche Parolen zu. In der NPD-Zentrale sollen mittlerweile rund 170 Rechtsextreme eingetroffen sein. Es ist fraglich, ob die Taktik der Linken, den Bahnhof zu blockieren und so die Anreise der NPD-Anhänger zu verhindern oder zu erschweren, überhaupt aufgeht. Denn viele sind wohl mit Privatautos unterwegs. Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen macht sich jetzt auf zur Parteizentrale und meldet sich von dort wieder.

10:30 Uhr.

Ein paar hundert linke Gegendemonstranten versammeln sich vor dem S-Bahnhof auf der Straße hinter einem Lautsprecherwagen. Inzwischen ist Petra Pau von der Linkspartei eingetroffen. Die Bundestagsvizepräsidentin hält eine Rede. Die NPD versuche, aus dem Elend der Wirtschaftskrise Honig zu saugen. Das sei zynisch und gefährlich. Wenn man die NPD verbieten wolle, müssen mit der V-Leute-Praxis des Staats aufgehört werden: "Sie sind keine Feuerlöscher, sondern Brandbeschleuniger." Auch der SPD-Politiker Kajo Wasserhövel, der in Treptow-Köpenick  bei der Bundestagswahl als Direktkandidat aufgestellt ist, ist unter den Demonstranten. Bereits im Vorfeld sagte er: "Es ist pervers, dass die NPD gerade am Tag der Arbeit aufmarschiert. In der Nazizeit waren die Arbeiter entrechtet, Millionen von Menschen in Europa wurden ermordet."

Die Stimmung wird zusehends aggressiv. Der Bahnhof ist voll mit linken Demonstranten, die die Bahnsteige blockieren. Die Polizei versucht, die Bahnsteige zu räumen und geht dabei nicht gerade zimperlich vor. Die Linken werden teilweise an den Haaren nach draußen gezerrt. Viele wehren sich. Auch Evrim Baba, die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, trifft es. Die Gegendemonstranten skandieren Parolen wie "Wir sind friedlich, was seid ihr?".

9:30 Uhr. In Köpenick ist am Vormittag eine Kundgebung der rechtsextremen NPD geplant. Schon gegen 9:30 Uhr treffen im S-Bahnhof Köpenick rund 150 Punks und Autonome ein. Sie skandieren Parolen wie "Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest". Die Kundgebung selbst soll im Hof der Parteizentrale in der Seelenbinderstraße und eventuell auch auf dem Mandrellaplatz stattfinden. Die Polizei ist massiv präsent, berichtet Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen. Überall auf den Straßen stehen Einsatzfahrzeuge. Angesichts dieses Aufgebots scheint es schwer vorstellbar, dass es zu größeren Krawallen kommen könnte.

Die meisten Passanten im S-Bahnhof sind genervt. "Das sind doch alles Assis", sagt ein junges Ehepaar. Alle hoffen, dass es keine Gewalt gibt und wollen so schnell wie möglich weiter. NPD-Mitglieder sieht man nur vereinzelt, ein paar eilen zügig in Richtung Parteizentrale.

Ein geplanter Auftritt des Rechtsextremisten Herbert Schweiger ist zuvor von der Polizei verboten worden. Ob die NPD die Kundgebung auch auf dem Mandrellaplatz abhält, ist zur Stunde noch unklar. Aus NPD-Kreisen hieß es, man beschränke sich nun auf den Hof der Parteizentrale. Allerdings will die Polizei auch nicht ausschließen, dass der NPD-Vorsitzende Udo Voigt später doch auf dem Platz eine Rede hält. Den Mandrellaplatz als Veranstaltungsort finden NPD-Gegner besonders provokant. Der Platz trägt den Namen des katholischen Amtsrichters Rudolf Mandrella, der für seinen NS-Widerstand ermordet wurde. 

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