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Liveblog zum Nachlesen: Volksentscheid zur Energieversorgung ist knapp gescheitert

Das Quorum von 25 Prozent Ja-Stimmen wurde nicht erreicht: Der Energietisch ist mit seinem Volksbegehren gescheitert. Die wichtigsten Infos lesen Sie in unserem Liveblog.

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21.10 Uhr:

Das vorläufige Endergebnis steht fest: Laut Landeswahlleiterin ist der Gesetzentwurf über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung nicht angenommen worden.

Für die Annahme mussten die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zugleich mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten zustimmen: 83,0 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und 24,1 Prozent der Stimmberechtigten stimmten mit Ja. 4,9 Prozent der Stimmen waren ungültig. An dieser Stelle beenden wir unser Liveblog. Analysen und weitere Berichte zum Volksentscheid folgen in Kürze. Auf unser Themenseite finden Sie weitere Fakten und Hintergrundinformationen zum Volksentscheid Energie.

21.04 Uhr:

Berlins CDU-Landeschef Frank Henkel zeigte sich zufrieden mit dem Ausgang des Volksentscheides - und damit, dass Berlin "sich nicht unkontrollierten Milliardenrisiken aussetzt". Man haben die Pläne für überflüssig und teuer gehalten, und deshalb sei das ein gutes Ergebnis. "Das erspart dem Steuerzahler hohe finanzielle Belastungen."

20:52 Uhr:

Internet-Schelte für Björn Böhning, Chef der Berliner Senatskanzlei. Kurz nach Bekanntgabe des Scheiterns schrieb der SPD-Politiker via Twitter "Hihi", was ihm von zahlreichen Nutzern und Befürwortern des Volksentscheides als unfaire Häme ausgelegt wurde. Nach dem Mini-Shitstorm schrieb Böhning: "Ich freu mich über den Witz eines Freundes und alle denken, ich meine den Volksentscheid". An den Kommentaren wird deutlich: Nicht alle kaufen ihm diese Erklärung ab.

20.43 Uhr:

Via Twitter räumt jetzt auch der Berliner Energietisch, der den Volksentscheid initiiert hat, seine Niederlage ein - und zeigt sich enttäuscht: "Bitter"

20.36 Uhr:

Die Berliner Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) zollte allen Respekt, die sich am Volksentscheid beteiligt hatten. "Ich hoffe, dass das hohe Engagement der Bürger für die Energiepolitik auch nach diesem Volksentscheid bleibt. Denn es stehen weit mehr energiepolitische Fragen als die Rekommunalisierung an", sagte Yzer dem Tagesspiegel. Der gescheiterte Volksentscheid bestätige auch die Politik des Senats, der eine "effiziente, ökologische und wirtschaftlich vertretbare Energiepolitik" vertrete. Das Abgeordnetenhaus habe mit dem Gesetz zur Gründung eines Stadtwerkes die Weichen gestellt. Das Stadtwerk wird als Tochter der Berliner Wasserbetriebe (BWB) gegründet. Ob das Stadtwerk mit mehr als den geplanten 1,5 Millionen Euro jährlich für den Doppelhaushalt 2014/2015 finanziert werde, vermochte Yzer noch nicht zu sagen. "Diese Entscheidung muss auf Grundlage eines Businessplanes erfolgen." Als Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe hat Yzer den BWB-Vorstand gebeten, einen Wirtschaftlichkeitsplan zu erstellen.

20.25 Uhr:

99,9 Prozent der Stimmen sind ausgezählt - und so viele Teilnehmer votierten in den Bezirken für Ja: Mitte: 87,1 Prozent; Friedrichshain-Kreuzberg: 92,9 Prozent; Pankow: 88,0 Prozent; Charlottenburg-Wilmersdorf: 80,2 Prozent; Spandau 75,7 Prozent; Steglitz-Zehlendorf: 75,6 Prozent; Tempelhof-Schöneberg: 81,2 Prozent; Neukölln: 84,3 Prozent; Treptow-Köpenick: 85,6 Prozent; Marzahn-Hellersdorf: 82,5 Prozent; Lichtenberg: 84,6 Prozent; Reinickendorf: 73,3 Prozent.

20.17 Uhr:

Neue Zahlen: Nach bisherigem Stand fehlten 34 821 Ja-Stimmen für einen Erfolg des Volksentscheides.

20.12 Uhr:

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB), Christian Amsinck: "Die Fakten und Argumente haben sich durchgesetzt. Aufgrund der unternehmerischen und finanziellen Risiken wollen die Berliner kein Engagement des Landes als Stromnetzbetreiber. Konsequenterweise sollte das Land Berlin seine Bewerbung um das Berliner Stromnetz jetzt zurückziehen."

20.06 Uhr:

So reagierte Klaus Wowereit (SPD), der Regierende Bürgermeister von Berlin, auf das Ergebnis des Volksentscheids: "Das Volksbegehren zur Energiepolitik ist beim Volksentscheid gescheitert. Dadurch wird deutlich, dass die Vorarbeiten von Senat und Abgeordnetenhaus zur Gründung eines Stadtwerks von den Berlinerinnen und Berlinern anerkannt werden. Dieses Konzept wird nun weiter umgesetzt. Wichtig ist, dass wir auf dem Weg zu einer umweltverträglichen Energiepolitik voran kommen. Wichtig ist auch, dass dabei in wichtigen Fragen der Daseinsvorsorge der öffentliche Einfluss gestärkt wird, ohne aber wirtschaftlich unvertretbare Risiken einzugehen. Die breite öffentliche Debatte in den vergangenen Wochen hat auch gezeigt, wie wichtig vielen Berlinerinnen und Berlinern diese Themen sind. Das sollten wir alle als Rückenwind zur Umsetzung der Energiewende verstehen.”

Der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, sagte: "Das Quorum wurde nicht erreicht. Die Koalition wird nun die Gründung eines Öko-Stadtwerks verfolgen."

20.00 Uhr:

Mehr als 99 Prozent der Stimmen sind ausgezählt - mit 92,2 Prozent gab es die meisten Ja-Stimmen in Friedrichshain-Kreuzberg und mit 73,3 Prozent die wenigsten in Reinickendorf. Gereicht hat es alles in allem dabei nicht.

19.51 Uhr:

Der Volksentscheid ist knapp gescheitert. 98,9 Prozent der Stimmen sind ausgezählt, bisher wurden 23,8 Prozent Ja-Stimmen abgegeben; damit ist ausgeschlossen, dass das Quorum von 25 Prozent noch erreicht wird. Es fehlten rund 35.000 Ja-Stimmen für einen Erfolg.

19.45 Uhr:

Das Ergebnis soll in 20 Minuten feststehen, also um kurz nach 20 Uhr. Die Briefwahlunterlagen müssen noch ausgezählt werden.

19.31 Uhr:

97 Prozent der Stimmen sind ausgezählt, das Quorum ist aber noch nicht erreicht. Für den Erfolg fehlen nach Informationen der Landeswahlleitung noch rund 56.000 Ja-Stimmen. Nach derzeitigem Stand votierten 82,9 Prozent der Teilnehmer für den Volksentscheid des Berliner Energietischs, 17,1 Prozent lehnen dessen Forderungen ab.

19.21 Uhr:

Über die sozialen Netzwerke tröpfeln erste Auszählungen ein. Twitter-User Johannes Eydinger, Wahlhelfer in Mitte, postet das Ergebnis aus seinem Wahllokal mit der Nummer 115. Demnach sieht es so aus: Von 804 abgegebenen Stimmen entfallen dort 692 auf Ja (86,1 Prozent) und 112 Nein (13,9 Prozent).

19.19 Uhr:

So, Endspurt! Das Auszählen ist fast beendet, erste Ergebnisse kommen in wenigen Minuten... Fest steht: Es wird ein sehr knappes Rennen.

18.54 Uhr:

Hier noch einmal die 16-Uhr-Ergebnisse zur Wahlbeteiligung aus allen Berliner Bezirken:

Mitte: 20,7 Prozent; Friedrichshain-Kreuzberg: 26,8 Prozent; Pankow: 24,4 Prozent; Charlottenburg-Wilmersdorf: 23,8 Prozent; Spandau: 18,7 Prozent; Steglitz-Zehlendorf: 25,6 Prozent; Tempelhof-Schöneberg: 23,4 Prozent; Neukölln: 21,1 Prozent; Treptow-Köpenick: 23,7 Prozent; Marzahn-Hellersdorf: 18,8 Prozent; Lichtenberg: 20,1 Prozent; Reinickendorf: 21,2 Prozent. Berlin gesamt: 22,5 Prozent.

18.36 Uhr

Die Stimmen werden gezählt, der Countdown bis zu den ersten Ergebnissen läuft - auch in den sozialen Netzwerken.

Auf Twitter diskutieren die Nutzer unter dem Hashtag #Volksentscheid und erzählen von ihren Wahl-Erlebnissen. Nutzer Johannes Eydinger, der sich als Wahlhelfer in Wahllokal 115 in Mitte (Bezirk 01) engagiert hat, berichtet, dass es dort nicht eine einzige ungültige Stimme gegeben hat. Twitter-Userin Lea Streisand witzelt: "Der Weg zum Wahllokal in Pankow war so stockduster, da hat Vattenfall sich wohl schon selber den Stecker gezogen."

18.06 Uhr:

Großer Jubel brandet auf bei der Wahlparty des Energietischs, als Sprecher Michael Effler die amtliche Schätzung zur Beteiligung verkündet: 30 Prozent der Wahlberechtigten haben abgestimmt. Erster Erfolg des Abends: das Buffet wird eröffnet

18.02 Uhr:

Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg schätzt die Abstimmungsbeteiligung auf 30 Prozent. Für einen Erfolg des Volksentscheids müssten danach etwa 84 Prozent hiervon "Ja"-Stimmen sein. Die ersten Auszählungsergebnisse werden voraussichtlich um 19:30 Uhr veröffentlicht.

17.58 Uhr:

Neuigkeiten aus den Bezirken: Die bisher höchste Wahlbeteiligung (Stand 16 Uhr) wurde aus Friedrichshain-Kreuzberg mit 26,8 Prozent gemeldet, die niedrigste aus Spandau mit 18,7 Prozent. Steglitz-Zehlendorf kommt auf 25,6 Prozent, Lichtenberg auf 20,1 Prozent.

17.43 Uhr:

Die Wahlparty des Berliner Energietischs in der Saarbrücker Straße füllt sich langsam. Bis 24 Uhr wollen die Gäste hier feiern, wenn der Volksentscheid Erfolg hat. Sprecher Stefan Taschner sagt: "Es wird knapp" Realistisch sei es aber. Die Anspannung jedenfalls ist den Organisatoren anzumerken, die fast ein Jahr lang auf diesen Tag hingearbeitet haben.

17.26 Uhr:

Der Berliner Energietisch, der den Volksentscheid initiiert hat, verkündet via Twitter, dass die Wahlbeteiligung um 16 Uhr bei 22,5 Prozent gelegen hat. Beim erfolgreichen Volksentscheid zu den Wasserverträgen 2011 hatten zur gleichen Zeit 21,6 Prozent abgestimmt.

17.05 Uhr:

Vor einem Wahllokal ebenfalls in Kreuzberg sagt der33-jährige Ben Zakrisson zum Tagesspiegel: "Ich habe dafür gestimmt, weil ich für eine sozialere Energieversorgung bin. Aber soweit ich weiß, ist der Senat ja an den Ausgang der Entscheidung nicht gebunden und will eh schon auf eine kleine Lösung umschwenken."

16.30 Uhr:

Kleine Umfrage unter Berlinerinnen und Berlinern, die ihre Stimme bereits abgegeben haben: Der Kreuzberger Falk Rahn, 38, sagt: "Ich bin dafür, dass diese Infrastruktur zurück in die staatliche Hand kommt. Der Wettbewerb war ja nicht gut für die Energieversorgung und hat keine Stabilität gebracht. Außerdem hoffe ich so, dass es in Zukunft auch mehr Investitionen ins Netz gibt. Wer weiß, was sonst nach Vattenfall kommen würde, wenn Berlin das nicht übernimmt."

Die 32-jährige Sarah Niehus aus Kreuzberg meint: "Es ist ein großes Projekt für Berlin, wenn der Strom wieder in öffentliche Hand geht. Ich finde den Enthusiasmus gut, mit dem dieser Volksentscheid betrieben wird. Deswegen ist auch eine große Beteiligung wichtig. Es ist ja selten genug, dass man in der Demokratie gefragt wird, da fühle ich mich dann auch moralisch verpflichtet, zu wählen."

Sehen es genügend Berliner so wie Rahn und Niehus? Zur Erinnerung: In Hamburg hatten sich am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, rund 51 Prozent der Bürger bei einem Volksentscheid dafür ausgesprochen, die Energienetze von den privaten Anbietern zurückzukaufen. Dem muss die Hansestadt jetzt folgen. In Berlin muss ein Quorum von mindestens 620 000 Ja-Stimmen erreicht werden, damit der Volksentscheid erfolgreich ist.

In Wahllokal 108 wird ein Wähler seine Stimme nicht los

13.55 Uhr:

"Die Wähler sollen ruhig kommen! Bei uns muss man nicht lange Schlänge stehen!", locken die Wahlhelfer im Wahllokal 164 an der Frankfurter Allee. Die Stimmung hier in Friedrichshain sei gut, "geradezu elektrisiert", heißt es wortspielerisch. 14 bis 15 Prozent der Wähler hätten bisher abgestimmt, 10 Prozent Briefwähler kämen noch hinzu, erklärt der Wahlleiter.

13.40 Uhr:

Der Volksentscheid läuft für die Befürworter vielversprechend an. Bis 12 Uhr beteiligten sich laut Abstimmungsleiterin Petra Michaelis-Merzbach 8,9 Prozent der Wahlberechtigten an der Wahl. 0,3 Prozent mehr als beim Volksentscheid zur Offenlegung der Wasserverträge 2011, der damals erfolgreich war.

Eine hohe Teilnahme gilt als Kennziffer für einen möglichen Erfolg des Entscheids, da die meisten Abstimmenden bei Volksentscheiden erfahrungsgemäß nur zur Wahl gehen, wenn Sie auch mit "Ja" stimmen. Die höchste Abstimmungsbeteiligung wird aus Treptow-Köpenick gemeldet (10,2 Prozent), die niedrigste aus Spandau (7,7 Prozent).

13.25 Uhr:

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist als Bürgerin mit Wohnsitz in Berlin heute zur Abstimmung gerufen. Ob und wie die Kanzlerin abstimmt, ist allerdings geheim. "Die Kanzlerin hat bereits bei früheren Volksentscheiden nicht öffentlich gemacht, ob Sie daran teilnimmt. Ich kann Ihnen leider keine Auskunft geben", sagte Annekatrin Gebauer, Chefin vom Dienst im Bundespresseamt dem Tagesspiegel.

13.20 Uhr:

Mist, die Wahlunterlagen sind weg. Erst die schwierige Entscheidungsfindung, und dann das. Aber auch Last-Minute-Wähler bekommen noch ihre Chance. Einfach im Internet auf der Seite www.wahlen-berlin.de unter Abstimmungslokalsuche  die eigene Adresse eingeben und genau dorthin mit Pass oder Personalausweis hingehen. dann klappt es auch so. Na dann: Gute Wahl! 

13.15 Uhr:

In den Bundestag hat es Frau Kiziltepe von der SPD schon geschafft. Vor dem Wahllokal 116 im Kreuzberger Graefekiez hängt ihr Plakat trotzdem noch. Drinnen kann man allerdings nicht für sie stimmen, sondern nur für oder gegen den Volksentscheid. 207 Berliner haben ihre Stimme bereits abgegeben.

12.50 Uhr:

Praktisch! Das Plakat zum Volksentscheid steht am Mehringdamm direkt auf der Höhe des Wahllokals. Wenn das mal keine gute Orientierung auf dem Weg zur Stimmabgabe ist!

12.30 Uhr:

Im Wahllokal 108 in Kreuzberg wird ein Wähler seine Stimme nicht los: Er hat sich als Briefwähler registrieren lassen, wollte nun doch vor Ort wählen - das geht nicht. Eine Stimme weniger zugunsten des Volksentscheids.

"Bisher", so erzählt der Wahlleiter, "haben 103 Leute bei uns abgestimmt. Es könnten gut 1800. Ist eben keine Bundestagswahl!"

12.20 Uhr:

Die meisten Wähler, die befragt werden, erzählen, dass sie für den Volksentscheid gestimmt haben. Vermutlich liegt das in der Natur der Sache. Doch auch wer dagegen ist, sollte abstimmen gehen, denn eine Enthaltung ist nicht das gleiche wie eine Nein-Stimme.

In Kreuzberg trudeln mittlerweile ganz regelmäßig Wähler ein. Viele mit Fahrrad und Kindern.

12.15 Uhr:

„Schon gewählt?“ – „Nee, weiß nich’, bin noch unsicher.“ Das ist der Wortwechsel des Sonntagvormittags in Berlin. Zu hören an Frühstückstischen, in Treppenhäusern, in der S-Bahn. Beim Gassigehen mit dem Pudel in Lichterfelde dem Nachbarn begegnet. Professor der Physik, seit ein paar Jahren pensioniert, ein kluger Mann, der jeden Tag den Tagesspiegel emsig studiert und zumeist überzeugt eher linke Positionen vertritt. Ein Gruß (siehe oben). So hilfesuchend, ja geradezu hoffnungsvoll, dass ich ihm nun schlagkräftige Argumente liefern könnte,  habe ich den Mann  noch nie erlebt.

Eine Stunde später im Zug zur Redaktion am Anhalter Bahnhof. In jeder dritten Bankreihe ist der Volksentscheid des Energietisches Thema. Aber kaum jemand argumentiert mit voller Überzeugung dafür oder dagegen. Ein Studentenpärchen in Outdoor-Klamotten, auf dem Weg zum ausgiebigen Tiergarten-Bummel, wägt sorgfältig ab. Großkonzerne stoppen? Mehr Transparenz und Einflussmöglichkeiten durch Kommunalisierung? Aber wer soll ein neues großes Stadtwerk angesichts der  Berliner Finanznot  eigentlich bezahlen? Und müssen wir für mehr Ökostrom wirklich selbst Strom erzeugen? Die Waagschale neigt sich so recht zu keiner Seite. Und nur so aus dem Bauch, nach Gefühl zu wählen – dazu erscheint ihnen das Thema zu ernsthaft.

Die beiden steigen am Potsdamer Platz aus. „Na ja, bis 18 Uhr schaffen wir’s ja ins Wahllokal.“ Es bleibt noch ein bisschen Zeit zum Überlegen.

12.00 Uhr:

Zurück im Wahllokal an der Bundesallee: In der "Zillestube", läuft die Abstimmung am Vormittag eher zäh. "Wer schält sich bei dem Wetter auch schon aus dem Bett?", sagt ein Wahlhelfer. Außerdem sei die Fragestellung doch für viele Leute zu kompliziert.

11.50 Uhr:

Im Wahllokal im Familienzentrum am Kreuzberger Mehringdamm hängt ein Muster des Stimmzettels vor dem Wahllokal aus. So können sich die Bürger vor der Abstimmung schon mal ein Bild machen, welche Möglichkeiten es für ihr Kreuzchen gibt.

11.10 Uhr:

Wenn es um die Demokratie geht, sollte heute niemand vor verschlossener Tür stehen: "Liebe Hausbewohner, Sie werden herzlich gebeten, die Haustür am Wahlsonntag geöffnet zu halten, damit die Bürger ihr Wahlrecht ausüben können!", heißt es auf einem Zettel am Ausgang der Wahllokale 103 und 104.

11.00 Uhr:

"Öko-Strom, Volksentscheid hin oder her: Das schafft Berlin doch sowieso nicht. Gucken Sie sich doch mal an, wie es um unserem Flughafen steht!", meint ein Wähler aus Schöneberg.

10.50 Uhr:

Es ist Wahltag zum „Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung“. Das Abstimmungslokal in Moabit ist „barrierefrei zugänglich“, schreibt die Behörde. Es regnet, aber das Anliegen ist der Rollstuhlfahrerin wichtig. Sie fährt durch die Levetzowstraße  vor den Haupteingang der Schule, die in großen Lettern „Miriam-Makeba Grundschule“  verheißt - ohne zweiten Bindestrich; erstaunlich für eine Schule, dass man dort die Zeichensetzung nicht beherrscht.

An der Mauer zeigt ein Pfeil nach links, vermeintlich zum Haupteingang. Dort wiederum zeigt ein Pfeil nach rechts. Zwischen den Pfeilen zwei geschlossene Eingänge und eine schöne wilhelminische Ziegelmauer. Wo geht es jetzt ins Wahllokal? Junge potenzielle Wählerinnen zeigen sich genauso ratlos.

Letztlich weist ein freundlicher Wähler auf den Nebeneingang in der Zinzendorfstraße hin, diese Adresse stehe wohl auch in der Wahlbenachrichtigung, die liegt aber zuhause. Wieder jede Menge Pfeile, der Rollstuhl fährt durch Pfützen und Matsch, durch einen ganz engen Gang, um Ecken.

Kurz vor dem Eingang eine Stufe, ca. 20 cm tief. Gott sei Dank kann die Dame im Rollstuhl noch wenige Schritte zu Fuß gehen, sonst wäre ihre Wahl hier zu Ende. Die älteren Frauen mit Gehwagen, bemerken hoffentlich die Barriere und verfügen auch noch über die Kraft, ihren Rollator zu heben.

10.30 Uhr:

Letzte Beratung vor der Tür der Albert-Einstein-Volkshochschule in Schöneberg: "Gut, dass ich dich hier treffe", sagt eine Frau zu ihrem Nachbarn, "sag mir noch mal schnell, worum es jetzt eigentlich geht!" - "Ob die Energieversorgung in privater oder öffentlicher Hand liegt." - "Und was ist besser?" Es folgt eine Tirade an Belehrung. Entscheiden muss dann allerdings jeder Wähler in der Kabine alleine.

10.10 Uhr:

Auf der Tankstelle ist die Entscheidung schon lange gefallen. Hier erfolgt die Energieversorgung wie gewohnt privat: Kaffee, Schokoriegel und ja, auch Bier um diese Uhrzeit sind ganz hoch im Kurs.

10.00 Uhr:

Ja? Nein? Noch unentschieden? Noch immer ranken sich viele Mythen um den Volksentscheid. Auch den Tagesspiegel erreichten Leserbriefe, in denen gemutmaßt wurde, eine Nein-Stimme könne dem Volksentscheid über das Quorum und dadurch zum Erfolg verhelfen. Alles Quatsch. Hier sind die Fakten.

9.50 Uhr:

Im Jugendclub "Weiße Rose" in Schöneberg sind heute in den Fenstern gut sichtbar die Fahnen aufgehängt: Hier wird heute nicht getanzt, sondern gewählt.

"So, erledigt", sagt eine Wählerin beim Verlassen des Lokals. Sie zerreißt ihren Stimmzettel, wirft ihn in den Mülleimer und spaziert unterm Regenschirm von dannen.

9.45 Uhr:

Bis 18.00 Uhr können knapp 2,5 Millionen Berlinerinnen und Berliner über die Gründung eines Öko-Stadtwerks entscheiden. „Es wird eine ganz spannende Geschichte. Es gibt die Chance, dass wir es packen können“, sagte ein Sprecher des sogenannten Energietisches am Vormittag.

9.15 Uhr:

Im Wahllokal 310 in Lichterfelde wurde um eine Flasche Schampus gewettet, dass in der ersten Stunde niemand kommt. Der französische Edel-Sekt muss geschlossen bleiben: 7 Wähler waren bis 9 Uhr da.

Das Wahlhelfer-Team ist das selbe wie zur Bundestagswahl. "Aber damals sind wir keine Minute zum Quatschen gekommen!" Vor allem Familien mit kleinen Kindern kämen um diese Zeit. "Schreiben Sie mal, dass die Leute wählen kommen sollen, damit die Wahlhelfer sich nicht langweilen!", heißt es zum Abschied. Um die Stimmung muss man sich hier keine Sorgen machen.

8.45 Uhr:

Man sagt zwar, bei solch einem Wetter solle man keinen Hund vor die Tür schicken, doch begossene Pudel und andere Vierbeiner müssen im Wahllokal der Fichtenberg-Schule in Steglitz draußen bleiben. Bisher tun das auch noch die meisten Wähler.

8.30 Uhr:

In Friedenau hängen noch Plakate der Bundestagswahl - wenn das mal die Wähler des Bezirks nicht verwirrt. Worum ging's heute noch mal?

8.15 Uhr:

In Wilmersdorf sind die Straßen leergefegt. Brötchenholer werden nass geregnet. An der Bundesallee wird heute in der Zillestube gewählt. Das Team im Wahllokal 167 wartet auf seinen dritten Wähler.

Zwei Damen im Barbara-von-Renthe-Fink-Haus schieben ihre Rollatoren gen Wahllokal. "Naja, es ist ein Ausflug, so kommt man wenigstens mal raus", sagt die eine zur anderen.

(mit dpa)

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