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Berlin: Lobby mit Hobby

Wie Interessengruppen still Stimmung machen.

Zurückhaltung ist angesagt. Kaum eine Lobbygruppe hat im Wahlkampf versucht, mit Anzeigen für bestimmte Parteien zu werben. Der Tengelmann-Konzern, zu dem auch die „Kaiser’s“-Kette gehört, fiel daher auf: Er warb im „Handelsblatt“ großflächig und unmissverständlich für Bundeskanzlerin Angela Merkel und die CDU. Dezent mahnte am Freitag im Tagesspiegel ein Joachim Schwarzkopf die „Nordberliner“, sie sollten am Sonntag daran denken, „warum Euch täglich *TXL* quält und wer das auch weiter möchte!“

Am deutlichsten fiel der „Wahlaufruf“ auf, den „besorgte Fachärzte“ auf einer Drittel-Zeitungsseite am Sonnabend in dieser Zeitung veröffentlichten. Er richtete sich gegen SPD, Grüne und Linke, weil diese Parteien eine Bürgerversicherung einführen wollen. Die sei eine „massive Gefahr“ für die ambulante Versorgung mit Fachärzten, hieß es. Ob alle Fachärzte das so sehen, steht dahin. Der presserechtlich verantwortliche Mediziner, ein Arzt aus Potsdam, war am Sonnabend nicht zu sprechen.

Auch im Internet ist nicht viel mehr los. Lobbyisten haben einen schlechten Ruf – da will sich wohl kaum jemand als solcher zu erkennen geben. Ausnahmen machen nur die, die ihre Interessen massiv bedroht sehen. Die „German Rifle Association“ zum Beispiel, deren US-Pendant zu den durchschlagsstärksten Lobbygruppen in den Vereinigten Staaten gehört, nimmt die Grünen aufs Korn: Die wollen ein Waffenrecht, mit dem sich Waffenfreunde nicht anfreunden können. Das „Netzwerk-rauchen“ stellt im Netz fest, keine der größeren Parteien könne man „als unseren Vertreter“ bezeichnen, nicht mal die FDP.

Die Lobbyisten, die im realen Leben vor der Wahl noch Propaganda machen wollten, haben es auch nicht leicht. Tagelang sollte sich SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles über zwei Werbe-Fahrzeuge ärgern, die vor dem Willy-Brandt- Haus geparkt waren. Auf Großplakaten waren Karikaturen von Nahles und dem Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach zu sehen: Betriebsräte privater Krankenversicherer agitierten gegen die Bürgerversicherung. Am Freitag mussten die Laster weg: Die Stresemannstraße vor dem WillyBrandt-Haus ist mit Blick auf den Wahlabend gesperrt. Werner van Bebber

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