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Berlin: Lockruf in den Westen endete in Sklaverei Prozess gegen Bande von Frauenhändlern

Auf den Videos sah alles so verheißungsvoll aus. Da lagen schick gekleidete Frauen am Swimmingpool oder flanierten in Parks.

Auf den Videos sah alles so verheißungsvoll aus. Da lagen schick gekleidete Frauen am Swimmingpool oder flanierten in Parks. Die Szenen wurden jungen Russinnen vorgespielt. Sie gaukelten ein sorgenfreies Leben im westlichen Europa vor. Laut Anklage aber waren sie für mindestens zehn Frauen der Beginn einer Reise, die in einem modernen Sklavenhandel endete. Seit gestern verhandelt das Landgericht über den Fall. In dem Großverfahren um Frauenhandel und Zwangsprostitution sitzen drei Frauen und sieben Männer im Alter zwischen 25 und 50 Jahren auf der Anklagebank.

Die Russinnen ließen sich aus finanzieller Not auf die Arbeit in Berlin ein. Es war ihnen klar, dass sie anschaffen sollten. Doch nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft waren sie einem brutalen Frondienst ausgesetzt. Den Frauen seien nach ihrer Ankunft sofort die Pässe abgenommen worden. In so genannten Haus- und Hotelagenturen sollen sie zum Einsatz rund um die Uhr gezwungen worden sein – mit etwa sieben Freiern am Tag. Es habe Schläge und Todesdrohungen gegeben. Die Einnahmen hätten die Frauen größtenteils abgeben müssen, um vermeintliche Schulden abzuzahlen. Zwei der Russinnen, die von Freiern zusammen rund 67 000 Euro kassierten, blieben den Ermittlungen nach jeweils etwa 1000 Euro.

Die deutsch-russische Gruppierung war im Juli vergangenen Jahres zerschlagen worden. Einer der Männer soll die Frauen zumeist in Omsk angeworben haben. Ein weiterer Russe mit Wohnsitz in Deutschland lud künftige Prostituierte laut Anklage als seine angeblichen Nichten ein. Weitere Angeklagte sollen die Frauen vermarktet haben. Hauptangeklagt sind ein 33-jähriger Deutscher und seine 25-jährige Ehefrau aus Russland. In einem Fall habe Andreas P. eine Frau derart misshandelt, dass sie nicht mehr allein gehen konnte. Im Prozess verweigerte P. zunächst die Aussage. Ein 31-jähriger Agenturinhaber wies die Vorwürfe zurück: „Alle Damen haben freiwillig gearbeitet und konnten die Hälfte der Einnahmen behalten.“ Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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