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Berlin: Love Parade: Alle wollen sie - keiner weiß, wie

Die Veranstalter der Love Parade hätten es wissen können. Man habe sie, sagen Berliner Abgeordnete, sogar gewarnt.

Die Veranstalter der Love Parade hätten es wissen können. Man habe sie, sagen Berliner Abgeordnete, sogar gewarnt. Aber sie dachten wohl, ihnen könne keiner. Und jetzt sind sie mit der eigenen Waffe geschlagen: Eine Demonstration verhindert die Parade, die ja seit jeher ebenfalls behauptet, eine Demonstration zu sein. Die Tiergartenfreunde aber meldeten ihre Demo eher an und drehten den Technotänzern die lange Nase. Halb Berlin kann sich vor Lachen nicht halten. Die andere Hälfte aber versucht verzweifelt, eine Lösung zu finden.

Dabei will nicht einmal die politische Opposition dem Innensenator Eckart Werthebach (CDU) einen Vorwurf machen. Rechtlich scheint die Lage eindeutig: Wer zuerst kommt, mahlt als einziger. Zugleich würde eine Absage der Parade nicht allein von der Wirtschaft, sondern einhellig auch von der Politik bedauert. "Es wäre ein Verlust für Berlin", sagte die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Hämmerling. Ähnlich äußerten sich Roland Gewalt von der CDU und Frederik Over von der PDS. Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) ist gar besonders unglücklich. Auch für ihn ist die Love Parade ein wichtiges Aushängeschild einer kreativen und weltoffenen Metropole und somit ein Impulsgeber für die Musikwirtschaft in Berlin. Das Image, das die Stadt mit der Love Parade erhalte, übe positive Effekte auf Clubkultur und Musiklabels aus. Eine Imagekampagne mit ähnlichem Ergebnis würde die Stadt viele Millionen Mark kosten - die sie nicht hat.

Deshalb findet Branoner, dass nicht nur die Veranstalter - die Firma Planetcom -, sondern auch die Landesregierung sich nun dringend einen alternativen Ort oder Termin für die Parade einfallen lassen sollten. Ähnlich sieht das die PDS, und auch die Grüne Hämmerling ist enttäuscht, dass der Senat "sich so wenig vorstellen kann". Werthebach aber erklärte gestern im Abgeordnetenhaus, er halte es keineswegs für die Aufgabe des Senats, sich den Kopf der Planetcom zu zerbrechen.

Das tun andere dafür nicht zu knapp. Die Grünen bringen ihren Vorschlag wieder ins Spiel, die Sache als Ringelreihen auf dem Flugfeld Tempelhof abzuhalten. Die PDS erinnert an ihre Idee, die Technofreunde auf der Avus auf und ab marschieren zu lassen. Und das nach der Expo erneut nicht eben ereignispralle Hannover erklärte mit Freude seine Bereitschaft, der Love Parade Asyl zu gewähren.

Wahrscheinlicher aber ist, dass die Parade verschoben wird. Zwar sind auch die übrigen Sonnabende bis in den August durch angemeldete Veranstaltungen von Tiergartenschützern blockiert, aber das müsse nicht so bleiben, meint Gewalt: "Eine Demonstration muss ein politisches Ziel verfolgen. Dieses kann nicht einfach heißen, eine andere Demonstration unmöglich zu machen." Nach Ansicht des PR-Fachmannes Gerald Schömbs dürfte eine Verschiebung zum jetzigen Zeitpunkt zumindest für die Teilnehmer der Parade kein größeres Problem darstellen. Anders verhalte es sich mit der wirtschaftlichen und kommerziellen Seite des Unternehmens. Personal und Technik würden Monate im voraus gebucht, auch Werbekampagnen langfristig geplant.

Und Planetcom? Erklärte gestern, alles sei offen. Man prüfe jegliches Vorgehen, auch eine Klage sei nicht ausgeschlossen. Den originellsten Vorschlag zur Lösung des Problems aber machte Frederik Over von der PDS. Er erinnerte an den 3. Oktober und daran, dass damals zugunsten des Deutschen-Einheits-Umzuges eine vorher angemeldete Demonstration untersagt wurde. Grund: höhere Interessen. Denn der Umzug war eine staatliche Veranstaltung. Es müsste also nur der Senat selbst zur Love Parade laden ...

Holger Wild

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