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Berlin: Lufthansa: So ein Zufall

Der Lufthansa-Vorsitzende Jürgen Weber gab sich pathetisch. Er finde keine Worte für seine Gefühle, schrieb er an die "Freunde in Amerika".

Der Lufthansa-Vorsitzende Jürgen Weber gab sich pathetisch. Er finde keine Worte für seine Gefühle, schrieb er an die "Freunde in Amerika". Aber gerade in schlimmen Zeiten wie diesen sei die Verständigung zwischen Völkern und Nationen wichtig, und Verständigung setze Verbindungen voraus: Flugverbindungen. Die Lufthansa, so Weber weiter, werde alles in ihrer Macht stehende tun, diese Aufgabe zu erfüllen.

Es war der Tag, an dem die Lufthansa den Direktflug von Berlin nach Washington einstellte.

Webers Worte erschienen am Dienstag als ganzseitige Anzeige in der New York Times. Von der gestrichenen Verbindung zwischen der deutschen und der amerikanischen Hauptstadt war nicht die Rede. Auch nicht davon, dass die Lufthansa zwei weitere Flüge von Frankfurt nach Washington und New York vom Plan nimmt. Diese Nachricht bahnte sich mühsam den Weg durch rauchende Trümmer und Kriegsgeklingel an die Öffentlichkeit. In deutschen Zeitungen bat der Lufthansa-Chef um Verständnis für bessere Sicherheitsmaßnahmen. Sicherheit habe "immer oberste Priorität". Von den wirtschaftlichen Interessen, die alleroberste Priorität genießen, sprach er nicht.

Daran ist nichts verwerflich. Die Lufthansa ist kein Wohlflugsverein, sondern eine Aktiengesellschaft. Und Weber hatte vor Wochen angekündigt, alle Verbindungen auf Rentabilität zu prüfen. Jetzt lag das Ergebnis vor. So ein Zufall.

Noch vor ein paar Monaten hatte sich die Lufthansa für ihren Wagemut gefeiert und den Direktflug zwischen Berlin und Washington zur nationalen Augabe verklärt. Nicht ganz freiwillig. Die Politik, die zur Eröffnung stolz mitflog, musste mächtig drängen, denn Geld verdienen ließ sich auf der Strecke nicht. Das wusste auch die Politik. Der Regierende Bürgermeister hieß im März noch Diepgen. Was hätte er heute gesagt? Sein Nachfolger Wowereit erklärte am Dienstag, die zeitliche Koppelung der Lufthansa-Entscheidung an die Terroranschläge in New York und Washington halte er "politisch für äußerst unglücklich". Aber, wie gesagt, die Lufthansa ist kein Staatsunternehmen, Politik muss den Konzern nicht kümmern - aber sie kann. Es gibt Unternehmen, die leisten sich teure Symbole. Man wird sich daran erinnern.

Vor ein paar Tagen noch war uns Amerika so nah wie nie. Seit Dienstag ist es wieder weiter entfernt.

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