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Berlin: Männer-Gendatei: Breite Front gegen bundesweite Gen-Tests

Nach dem Sexualmord an der 12-jährigen Ulrike Brandt aus Eberswalde wird die Forderung nach dem Einsatz von Gen-Tests im Zuge der Ermittlungen immer lauter. Kriminalisten hoffen, damit den Mörder der Schülerin überführen zu können.

Nach dem Sexualmord an der 12-jährigen Ulrike Brandt aus Eberswalde wird die Forderung nach dem Einsatz von Gen-Tests im Zuge der Ermittlungen immer lauter. Kriminalisten hoffen, damit den Mörder der Schülerin überführen zu können. Einige Politiker gehen aber noch weiter. So verlangt die CSU, alle Männer der Bundesrepublik in einer permanenten Gen-Datei zu erfassen, auf die im Falle einer Straftat zurückgegriffen werden könnte, um den Täter zu identifizieren.

Die Speicherung von Gen-Daten zur Identifizierung von Straftätern ist bereits jetzt möglich. Allerdings nur bei rechtskräftig verurteilten Tätern. Das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz sieht die Analyse und Speicherung der Gen-Daten bei 41 Straftaten vor. Dazu zählen neben Sexualtaten auch Raub, Mord, gefährliche Körperverletzung, Erpressung, Brandstiftung, schwerer Diebstahl oder die Bildung einer terroristischen Vereinigung. In Berlin ist vorgesehen, die Genproben von bis zu 50 000 Alt-Straftätern zu untersuchen und zu speichern.

Eine bundesweite Gen-Datei, in der alle Männer erfasst werden, gleichgültig ob sie sich in der Vergangenheit etwas zu Schulden kommen ließen oder nicht, wird von der Mehrheit der Berliner Politiker hingegen abgelehnt.

"Persönlichkeitsschutz wahren"

Der sicherheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Roland Gewalt, ist allerdings der Auffassung, dass man den Gedanken zumindest überprüfen müsse: "Die Möglichkeit, mit einer Gen-Datei Serientäter zu überführen, ist gut und kann nicht vom Tisch gewischt werden." Die polizeilichen Erfolge der DNA-Analyse seien eindeutig. Auf jeden Fall müsse bei einer Gen-Datei der Persönlichkeitsschutz gewahrt bleiben. Gewalt ist auf einer Linie mit Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der es Experten überlassen möchte, herauszufinden, ob ein "flächendeckender Gen-Test Sinn macht".

Für den Rechtsexperten der Grünen, Wolfgang Wieland, ist eine bundesweite Gen-Datei mit den Daten aller Männer schlichtweg eine "Schnappsidee". Eine solche Datei sei mit dem Recht auf informelle Selbstbestimmung und dem Rechtsstaatprinzip nicht zu vereinbaren: "Die grundsätzliche Unschuldvermutung würde auf den Kopf gestellt", sagte Wieland.

Auch der CDU-Koalitionspartner SPD hält nichts von einer vorbeugenden Erfassung aller deutschen Männer in einer Gen-Datei: "Wenn ich mir vorstelle, dass da mein Mann auch erfasst würde ... ", sagte die innenpolitische Sprechern der Berliner SPD, Heidemarie Fischer, erschrocken. Sie spricht sich dafür aus, straffällig gewordene und rechtskräftig verurteilte Täter zu erfassen und glaubt nicht, dass auf Bundesebene die rot-grüne Koalition einem solchem Gesetz jemals zustimmen würde. Außerdem würde selbst eine solche Datei keinen Sexualtäter abschrecken, sagte Heidemarie Fischer.

Selbst die Führung der Berliner Polizei sieht neben den rechtlichen Hemmnissen vor allem Schwierigkeiten bei der Realisierung dieser Idee. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht gleichfalls juristische Probleme. Die generelle Erfassung der genetischen Informationen aller Männer in Deutschland verstoße gegen die Verfassung und werde potenzielle Triebtäter nicht abhalten, sagt ihr Bundesvorsitzender Georg Freiberg.

weso

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