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Berlin: „Mäuseturm“ am Bahnhof wird immer anrüchiger

Restaurierter Bau an der Warschauer Straße als Pissoir genutzt

Was haben die neue Bürostadt OberbaumCity und das Medienunternehmen Universal im einstigen Eierspeicher an der Oberbaumbrücke gemeinsam? Sie und weitere dort angesiedelte Firmen sind für den Senat und die Wirtschaft Hoffnungsträger, Aushängeschilder, Vorzeigeprojekte. Sie verkörpern Aufbruchstimmung, locken Manager aus allen Teilen der Welt und sogar schon Touristen an. Die neuen Firmen haben außerdem den nahen U-Bahnhof Warschauer Straße gemeinsam. Der wiederum ist ein stinkendes und abschreckendes Trauerspiel, und auch die BVG und das Bezirksamt sprechen von einem „unappetitlichen Zustand“.

Schon beim Ausstieg aus der U 1 weht Fahrgästen bisweilen ein fast beißender Geruch entgegen, er durchzieht den Bahnhof und verstärkt sich, je näher man dem „Mäuseturm“ kommt. Dieser Turm ist ein backsteinernes Treppenbauwerk, das den Hochbahnhof mit dem tiefergelegenen Warschauer Platz und der Rudolfstraße verbindet. Ein denkmalgeschütztes Bauwerk. Es wurde vor fünf Jahren, als ein Kran umkippte und den Turm schwer beschädigte, für rund eine Million Mark restauriert. Aber inzwischen kann er nur noch von Menschen mit eisernen Nerven und Nasen passiert werden, denn er wird als Pissoir genutzt. Hätte der Bahnhof nicht noch Fußgängertunnel zum Warschauer Platz, wäre die Lage dramatisch.

Oben, direkt vor dem Mäuseturm, sind stets und ständig Trinker versammelt, die sich einen Spaß daraus machen, vom oberen Stockwerk des Treppenhauses hinunter zu urinieren. Eine Toilette in der Umgebung fehlt. So haben sie den vermüllten Turm fast für sich allein, denn die meisten BVG-Kunden rümpfen nur die Nase und machen einen großen Bogen um das schöne Bauwerk.

Anlieger haben sich inzwischen beim Verkehrsbetrieb über die „Ekel erregenden Verwahrlosung“ beschwert und auf bereits entstandene neue Schäden am Turm hingewiesen. Er müsse grundgereinigt, möglicherweise sogar schon wieder saniert werden. Empfohlen wird auch eine Video-Überwachung. Das Turm-Treppenhaus dürfe aber wegen der Verwahrlosung nun nicht geschlossen werden, weil dies einer Kapitulation vor den Trinkern gleichkäme.

Die BVG ließ wissen, sie halte viel von einem „sauberen Erscheinungsbild der Fahrzeuge und Anlagen“ und finde die Zustände im Umfeld des Bahnhofs in der Tat unbefriedigend. Aber für den Fußgängertunnel unter den U-Bahnanlagen liege eine Vereinbarung mit dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg vor. Sie regele, dass für die Verkehrssicherungspflicht, mithin auch für die Reinigung, das Tiefbauamt verantwortlich sei. „Auch der Mäuseturm ist als öffentliches Straßenland Eigentum des Tiefbauamtes mit allen Reichten und Pflichten.“ Ungeachtet dessen habe die BVG gerade die Grobreinigung der Fußgängertunnel vorgenommen. Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) teilte mit, der Bezirk sei für die Reinigung des Mäuseturms nicht zuständig. „Von einer Vereinbarung mit der BVG müsste ich wissen.“C. v. L.

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